BVV-Splitter

26. Sitzung

Die erste Sitzung der BVV im neuen Jahr bot Ermutigendes und Abstoßendes, sachliche Debatten und kulturlose Beschimpfungen - das gewohnte Bild am Eichborndamm. Leider.

Das Ermutigende zuerst: Der CDU gelang es nicht, unter der Losung „Sicherheit in Tegel“ eine Mehrheit für ihr Ersuchen zu erreichen, das Bezirksamt (BA) solle sich bei den zuständigen Stellen dafür einsetzen, „dass der Tegeler Platz vor C & A per Videoaufnahmen überwacht wird“ (Drs.-Nr. 0723/XVIII). Hintergrund ist die Sorge mancher Tegeler Bürger über die Ansammlung von größeren Gruppen von Jugendlichen freitags und samstags abends in Alt-Tegel. Als anständiger Bürger habe er keine Angst vor Überwachung, verkündete D. Steffel (CDU); Videoüberwachung könnte abschreckend wirken. Die SPD lehnte das als ungeeignet ab, mehr noch, sah darin einen „eklatanten Rechtsbruch“. B90 sprach sich gegen eine weitere Einschränkung der Bürgerrechte aus. Die FDP „als liberale Partei“ hielt den Einsatz von Kameras für „wenig sinnvoll“; das schaffe nur eine Illusion von Sicherheit, verlagere die Kriminalität an andere Plätze. Für die Grauen war das „einfach zu plump“.

Zuvor hatte Jugendstadtrat Senftleben (SPD) zwölf Fragen einer Großen Anfrage (GA) der CDU „Jugendschutz in Tegel unbefriedigend“(Drs.-Nr. 0722/XVIII) beantwortet. Lt. Informationen des Abschnitts 11 der Polizei gab es 2008 im besagten Gebiet 36 Straftaten unterschiedlicher Art. 16 Jugendliche, darunter drei unter 14 Jahren, seien alkoholisiert „angetroffen“ worden. Senftleben zeichnete ein differenziertes Bild über die soziale Situation der Jugendlichen im Tegeler Ortskern und in Tegel-Süd, informierte über die Möglichkeiten und Grenzen des Jugendschutzes, über eingeleitete praktische Schritte. Dazu gehört die Weiterentwicklung des „Metronom“-Projektes in der Sterkrader Straße, in dessen Interesse die dort bislang vom Freizeitverein Tegel-Süd (kein Freier Träger der Jugendhilfe!) genutzten Räume fristgemäß gekündigt wurden. Der Jugendhilfeausschuss (JHA) mit seiner fachlichen Kompetenz hatte am 17.12.2009 dem Bezirksamt „grünes Licht gegeben“ und es gleichzeitig ersucht, den Freizeitverein bei der Suche neuer Räumlichkeiten zu unterstützen. Senftleben machte dazu konkrete Angebote. Mit den Stimmen von CDU und Grauen folgte die BVV den Empfehlungen des JHA nicht und forderte das BA auf, den Mietvertrag „auf Probe (?) um ein weiteres Jahr zu verlängern“ (Drs.-Nr. 0691/XVIII). Auf Antrag der Grauen wurde der BVV-Vorsteher gemäß § 42 (1) Bezirksverwaltungsgesetz beauftragt, eine Einwohnerversammlung zu dem Thema einzuberufen – ein Novum für die Reinickendorfer Kommunalpolitik.

Die BVV lauschte mit sichtbarem Desinteresse den schier endlosen Darlegungen von Bürgermeisterin Wanjura (CDU) zu einer GA ihrer Fraktion über die „Verwendung von EU-Mitteln in Reinickendorf“ (Drs.-Nr. 0680/XVIII).

In zehn mündlichen Anfragen interessierten sich die Verordneten für die Klage der Bürgermeisterin gegen den NordBerliner, für dem Bezirk evtl. entstehende Kosten aus den Rechtsstreitigkeiten der Bürgermeisterin, für das Schicksal des Tourismusbüros und der Fahrradwege im Winter, für evtl. Ehrungen zum 150. Todestag von Bettina von Arnim, für pro Reli u. a. Schulstadträtin Schultze-Berndt (CDU) sah in der geplanten zentralen Schülerdatei - bei Beachtung des Datenschutzes - ein gutes Instrument zur Einhaltung der Schulpflicht. In Überlegungen aus der Linksfraktion (bei Frau Schultze-Berndt immer noch PDS), eine Sozialquote für den Zugang zum Gymnasium einzuführen, fand sie nichts Sinnvolles.

Vor Beginn der BVV-Sitzung setzten der stellvertretende Bezirksbürgermeister Peter Senftleben und der SPD-Fraktionsvorsitzende Sascha Braun mit Persönlichen Erklärungen die Serie „Neues aus Berliner Gerichtssälen“ (so Senftleben) fort. Sie informierten darüber, dass Klagen der „Initiative Reinickendorf“ gegen sie, die auf eidesstattlichen Erklärungen von drei CDU-Bezirksverordneten über angeblich von ihnen getätigte Äußerungen im Haushaltsausschuss beruhten, abgewiesen worden sind. CDU-Fraktionsvorsitzender Schutze-Berndt ließ sich dabei erneut zu Ausfällen gegen die SPD-Politiker hinreißen.

Friedrich Wilhelm