Bebauungsplan XX-212 (Ev. Dorfkirche Heiligensee)

Drucksache - 3488/XX

 

Kleine Anfrage der Linksfraktion

Sachverhalt:

Frage 1:

Das Bebaungsplanverfahren XX-212, wurde durch BA- Beschluß bereits 1985 eingeleitet. 

Welche Äußerungen bei welchen Beteiligungsschritten sind aktenkundig?

Wie wurden diese gewichtet?

Frage 2:

Was führte zum Verfahrensstillstand?

Frage 3:

Wie werden die Äußerungen der Grundstückseigentümer und der Bürger zum Entwurf XX-212 nach der Wichtung abgewogen und im weiteren Verfahren behandelt?

Frage 4:

Gibt der Bezirk seine vom BA beschlossenen Planungsziele des XX-212 aufgrund von diametralen Grundstückseigentümerinteressen auf und verfolgt z.B. die Ermöglichung von Wohnnutzungen, Erschließungserfordernisse, Umweltschutzmaßnahmen ohne Bebauungsplanfestsetzungen nicht weiter?

Frage 5:

Welche Rechtsgrundlage haben die vom Bauaufsichtsamt ausgesprochenen " Duldungen" für Nutzungen im Bereich des XX-212 und was bewirken diese in bau-/planungsrechtlicher Hinsicht?

Frage 6:

Hat der Bezirk Nutzungsuntersagungen im Bereich des XX-212 ausgesprochen bzw. Anträge für Wohnnutzung mit welcher Rechtsgrundlage abgelehnt?

Frage 7:

Warum hat der Bezirk für XX-212 keine neuen Planungsziele entwickelt und über die Nichtweiterführung des Verfahrens berichtet?

Frage 8:

Welche rechtlichen Möglichkeiten werden gesehen, um eine Festsetzung der Planung XX-212 zu erreichen, die allen Betroffenen Rechtsicherheit geben könnte?

Frage 9:

Ist das Bezirksamt der Meinung, dass vom BA zur Einleitung beschlossene B-Planverfahren ohne erfolgte Auswertung der Träger-und Bürgerbeteiligung und ohne BA-Beschluss der Rechtssicherheit dienen?

Die Kleine Anfrage wird wie folgt beantwortet:

Die Fläche der Kolonie Seebad befindet sich nach der verbindlichen Bauleitplanung (Baunutzungsplan vom 28.12.1960 als übergeleiteter Bebauungsplan) in einem Nichtbaugebiet und damit in einem nicht beplanten Gebiet. Die Ausweisung „Nichtbaugebiet“ ist jedoch nicht nach § 173 Abs. 3 des Bundesbaugesetzes vom 23.06.1960 (BBauG) und damit auch nicht mit dem Bebauungsplan XX-A, verkündet am 05.08.1971, übergeleitet worden.

In der vorbereitenden Bauleitplanung – Flächennutzungsplan (FNP) vom 30.07.1965 in der Fassung des 12. Änderungsplanes vom 01.03.1983 – war die Fläche zunächst mit der Bezeichnung SW 0,1 als Wochenendhausgebiet mit einer GFZ von 0,1 dargestellt worden.

In der darauffolgenden Zeit erfolgte eine Änderung des FNP, aus der sodann der FNP 1984 hervorging. Seit diesem FNP wird das hiesige Gebiet nunmehr als Grünfläche mit der näheren Bestimmung „Kleingärten“ dargestellt.

Schließlich sah auch der Entwurf des Landschaftsplanes Nr. XX-L-9 für das hiesige Gebiet Kleingärten vor. Dieser Landschaftsplan liegt derzeit im Entwurf vor.

Gemäß der Verfahrensakte zum hier gegenständlichen Entwurf des B-Plans mit der Bezeichnung XX – 212 für das Grundstück Kolonie Seebad wurde der Aufstellungsbeschluss am 26.08.1985 durch das Bezirksamt Reinickendorf gefasst.

Der B-Plan sollte:

- Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Dauerkleingärten“ und „Naturnahe

   Parkanlage“

- Flächen, belastet mit Gehrechten zugunsten der Allgemeinheit

- Flächen für Stellplätze

- Straßenbegrenzungslinien und

- Straßenverkehrsfläche

festsetzen.

Das Planungsziel „Grünfläche mit der Zweckbestimmung Dauerkleingärten“ im Bebauungsplan stellte eine Entwicklung aus dem FNP 84 dar. Darüber hinaus dürfen auch keine Widersprüche zu den Landschaftsplänen bestehen.

Das B-Plan-Verfahren ist bis einschließlich zum Verfahrensschritt der öffentlichen Auslegung erfolgt und wurde ab Ende 2005 nicht mehr weitergeführt.

Zu Frage 1:

Mit Schreiben vom 12.12.1985 hat die Eigentümerin des Grundstücks dem Bezirksamt Reinickendorf bzw. dem Senator für Finanzen das Grundstück der Kolonie Seebad zum Kauf angeboten, da sie die Auffassung vertrat, dass eine Realisierung der Planungsabsicht zu einer erheblichen Wertminderung des Grundstücks führen würde und einen entsprechenden Entschädigungs- möglicherweise auch einen Übernahmeanspruch auslösen würde.

Der Senat lehnte das Ankaufersuchen ab.

- Die vorgezogene Bürgerbeteiligung fand vom 02.06. bis zum 30.06.1986 statt. Es lagen 3 schriftliche Äußerungen vor:

-         Der bisherige Zustand sei zwar planungsrechtlich nicht abgesichert, aber nach jahrzehntelanger Duldung würde Vertrauensschutz vorliegen,

-         die Fläche soll als Wochenendhausgebiet mit einer GFZ 0,2 ausgewiesen werden.

Die Abwägungsentscheidung enthielt u. a. folgenden – wörtlich zitierten - Inhalt:

„… Die Frage des Vertrauensschutzes stellt sich hier nicht, da die bestehende kleingärtnerische Nutzung im jetzigen sogenannten „Nichtbaugebiet“ rechtlich gesichert wird.

Eine Ausweisung als Wochenendhausgebiet kommt nicht in Betracht.

Die Ausweisung „Nichtbaugebiet“ im Baunutzungsplan wurde seinerzeit bei der Festsetzung gemacht, um die entsprechenden Flächen vom Grundsatz her einer Bebauung zu entziehen; sie sind demnach dem § 35 BBauG zuzuordnen.

Dieses Planungsziel besteht weiter fort. Durch die Festsetzung „Sondergebiet – Wochenendhäuser“ würde das Gebiet Baulandqualität erhalten, was in dem empfindlichen landschaftlichen Bereich weder nach den früheren noch den heutigen Erkenntnissen vertretbar wäre.“

Im Gegenzug wurde durch das Planungsziel „Dauerkleingärten“ nunmehr die Möglichkeit geschaffen, die Fläche dauernd rechtmäßig zu nutzen und den Anforderungen des Landschaftsschutzes in Verbindung mit den Bedürfnissen der Bevölkerung an Erholungsflächen Rechnung zu tragen.

Die abschließende Entscheidung lautete: „Der Bebauungsplanentwurf soll in der vorliegenden Form weitergeführt werden.“

- Bei der Offenlage des Bebauungsplanentwurfs in der Zeit vom 27.01.1992 bis zum 28.02.1992 im Bezirksamt Reinickendorf haben viele Bürgerinnen und Bürger den Entwurf des B-Planes XX-212 eingesehen, Einwände zur geplanten Festsetzung des Gebietes der Kolonie Seebad als Grünfläche mit der Zweckbestimmung Dauerkleingärten sind nicht aktenkundig geworden.

Zu Frage 2:

Bereits 1985 begehrte die Eigentümerin die Übernahme des Grundstücks durch das Land Berlin. Dieses Begehren wurde im September 2005 noch einmal erneuert. Zu diesem Zeitpunkt konnte von Seiten des Landes Berlin diesem Begehren nicht entsprochen werden und es wurde Einigung darüber erzielt, dass der Bebauungsplan unter diesen Umständen nicht weitergeführt werde und im derzeitigen Planungsstadium verbleiben werde.

Zu Frage 3:

Die Einwände der Grundstückseigentümerin, der Evangelischen Kirchgemeinde Heiligensee wurden berücksichtigt, denn, wie unter 2. dargelegt, ruht das B-Plan-Verfahren derzeit. Anlass ist – wie zuvor ausgeführt – die von der Grundstückseigentümerin vertretene Aussage, dass sie bei Durchführung des B-Plan-Verfahrens das gegenständliche Grundstück der Kolonie Seebad dem Land anbieten müsste, da der Grund und Boden durch die Ausweisung als Dauerkleingarten an Wert verlieren würde.

Zu Frage 4:

Da die Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan entwickelt werden und - wie zuvor schon dargestellt – der FNP 1984 und die nachfolgenden Flächennutzungspläne für das hiesige Gebiet die Darstellung Grünfläche mit der näheren Bestimmung „Kleingärten“ vorsieht, wird der Bezirk seine vom Bezirksamt beschlossenen Planungsziele für den B-Plan XX-212 nicht aufgeben.

Einer Änderung des Planungszieles müsste die Änderung des FNP vorausgehen, dessen Zielsetzungen aber wiederum die ganze Stadt berücksichtigen muss.

Zu Frage 5:

Im Jahre 2010 wurde ein Nutzungskonzept für die ohne Genehmigung errichteten baulichen Anlagen und Wohngebäude entwickelt und der Beschluss gefasst, bauliche Anlagen, die den Anforderungen des Brandschutzes entsprechen, für einen bestimmten Zeitraum zu dulden.

Zu Frage 6:

Gemäß der vorliegenden Aktenlage hat der Bezirk im Bereich des Entwurfs des B-Planes XX-212 weder Nutzungsuntersagungen ausgesprochen noch Anträge für Wohnnutzung abgelehnt. Letztere sind gemäß der Aktenlage auch nicht gestellt worden.

Zu Frage 7:

Die planerischen und politischen Zielsetzungen lauten, dass der Erhalt von Natur und Landschaft ein vorrangiges Ziel für Heiligensee sind. Andere Planungsziele für das Grundstück Kolonie Seebad waren bisher nicht gewollt.

Zur Begründung wird hier auf den geltenden Flächennutzungsplan, auf den Entwurf des Landschaftsplanes XX-L-9 und auf die Bereichsentwicklungsplanung für Heiligensee verwiesen.

Zu Frage 8:

Eine rechtliche Sicherung erfolgt durch den B-Plan. Das B-Planverfahren wurde – wie bereits erläutert – unterbrochen, weil mögliche Entschädigungsansprüche finanziell durch den Bezirk und das Land nicht geleistet werden können. Die Festsetzung des B-Planes Nr. XX-212 als Grünfläche mit der Zweckbestimmung ‚Dauerkleingarten‘ ist also kein rechtliches Problem, sondern ein finanzielles.

Zu Frage 9:

Wie bereits zu Beginn der Beantwortung informiert, wurde das Verfahren einschließlich des Verfahrensschrittes der öffentlichen Auslegung durchgeführt.

Die Abmachung zwischen der Ev. Kirchengemeinde und dem Bezirksamt ist allen Pächterinnen und Pächtern zur Kenntnis gegeben worden.