XX / 15. Sitzung


BVV-Report

In der letzten Sitzung des Jahres 2017 ging es hauptsächlich um die Themen Verkehr, Integration und Personal in der öffentlichen Verwaltung.

In der Einwohnerfragestunde äußerte Klaus Murawski Zweifel an einem Gutachten zur Schätzung des Verkehrs- und Besucheraufkommens des im Bau befindlichen Tegel-Centers. Die Sorge, dass der Andrang deutlich höher ausfallen könnte und zu einer Überlastung der Bernsdorffstr. führen wird, bzw.die Einschätzung, dass das Gutachten von nicht repräsentativen Daten ausgeht, teilten auch Verordnete von SPD und LINKEN.

Auf eine mündliche Anfrage des Fraktionsvorsitzenden der LINKEN., Felix Lederle, wie die Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern am Dock 100 mit Blick auf den neuen Amazon-Standort sichergestellt werde, antwortete Bezirksstadtrat Maack. Aufgrund des dauernd steigenden Versandvolumens hätten Lösungen immer nur eine kurze Halbwertszeit. Nun soll die Fahrtrichtung der Einbahnstraße Medebacher Weg umgedreht werden, um für Entlastung zu sorgen. Nach wirklicher Problemlösung sieht das nicht aus und im Gegenteil birgt dies die Gefahr einer Überlastung der Veitstr.: Der Bezirksstadtrat bestätigte auf Nachfrage von Felix Lederle, dass der Standort an seine Kapazitätsgrenze stoße. Er bestätigte damit indirekt die Einschätzung der LINKEN, dass der Standort für die intensive Nutzung durch Amazon ungeeignet sei.

Die zweite mündliche Anfrage der LINKEN wurde von Marion Kheir gestellt und betraf das Einfamilienhaus in Hermsdorf, das in die Presse kam, weil der Besitzer, ein Verordneter der AfD, es angeblich an über 20 Parteien Vermietet, von denen mindestens sieben Geld vom Jobcenter bekommen. Der Bürgermeister Frank Balzer informierte, dass eine umfassendeUntersuchung eingeleitet wurde. Man darf also gespannt sein.

Für große Verwunderung sorgten in dieser Sitzung die „Jungen Wilden“ von der CDU mit ihren mündlichen Anfragen:

Zunächst stellte der CDU-Verordnete Hr. Wohlert die politische Unabhängigkeit des Netzwerks „Willkommen in Reinickendorf“ in Frage, weil angeblich eines der Mitglieder eine „linksextreme“ Mail über den Verteiler geschickt habe. Anstatt den unermüdlichen und vor allem ehrenamtlichen Einsatz des Netzwerks für Geflüchtete zu würdigen und den fraglichen Vorgang zunächst direkt mit dem Netzwerk zu klären, birgt diese öffentliche Kritik des CDU-Verordneten die Gefahr, das Netzwerk in Misskredit zu bringen. SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und Linksfraktion sowie der Bezirksstadtrat Uwe Brockhausen machten deutlich, dass sie dieses Vorgehen ablehnen und das Netzwerk in der Vergangenheit immer politisch unabhängig agiert hat

In einer weiteren mündlichen Anfrage wollte die CDU wissen, wie das Bezirksamt mit Hilfe des LAF ab 1.1.18 Rückkehrhilfen für osteuropäische Obdachlose organisieren wird. Bezirksstadtrat Brockhausen entgegnete, dass es sich um EU-Ausländer handelt, die sich im Rahmen der EU-Freizügigkeit legal in Deutschland aufhalten und eine Motivation zur Rückreise wegen fehlender Perspektive schwierig sei. Das Bezirksamt berate die Betroffenen aber über Möglichkeiten, in ihren Heimatländern wieder Fuß zu fassen und übernehme mit Landesmitteln die Kosten für eine Rückfahrt. Felix Lederle von der LINKEN. merkte an, dass ausgerechnet die CDU auf Bundesebene durchsetzte, Finanzmittel zur Rückreise nur als Darlehen zu gewähren und nun von der Rot-Rot-Grünen Landesregierung mehr verlange. Wieder einmal muss das Land Berlin auf Bundesebene nicht gewährte Leistungen kompensieren.

Bemerkenswert ist, dass die CDU zum dritten Mal in Folge einen Antrag nur mit den Stimmen der AfD durchgebracht hat. Im konkreten Fall ging es um die Ausweitung des Integrationsprojektes „Himmel und Erde“ auf Sportvereine. An sich eine gute Idee, für die es allerdings keinen BVV-Beschluss braucht, sondern lediglich eigenes Engagement und Überzeugungsarbeit im Willkommensnetzwerk.

In der Debatte zum Thema 30-er-Zonen in Hauptstraßen, machte Felix Lederle für die Linksfraktion deutlich, dass diese Frage immer konkret und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort diskutiert werden muss. Die Linksfraktion ist weder dafür, auf allen Hauptstr. 30-er Zonen einzurichten, noch dafür, dass niemals in einer Hauptstr. eine 30-er-Zone entstehen darf.

Im Rahmen der Debatte zu der Großen Anfrage der AfD nach dem altersbedingten Ausscheiden von Bezirksamtspersonal, wurde deutlich, dass die AfD kein eigenes Personalentwicklungskonzept und somit keine Alternative parat hat. Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus hat hingegen bereits vor fast fünf Jahren ein Personalentwicklungskonzept vorgelegt, dessen Realisierung durch die ehemalige Große Koalition in Berlin verhindert wurde. In dem ausführlichen Bericht von Bezirksbürgermeister Balzer wurde ausgeführt, dass in den nächsten zwei Jahren 72 KollegInnen in Reinickendorf altersbedingt ausscheiden werden und Stellenausschreibungen bereits frühzeitig ein halbes Jahr vor dem Ausscheiden erfolgen müssen. Die Weichen für die Personalentwicklung in den Bezirken werden auf Landesebene gestellt. Felix Lederle ging in seiner Rede insbesondere auf die deutliche Erhöhung der Personalmittel für die Bezirke durch die Rot-Rot-Grüne Landesregierung ein, die einen Politikwechsel zur Stärkung der Bezirke vollzogen hat. Nachdem bereits für dieses Jahr 50 Millionen Euro für mehr Personal in den Bezirken zur Verfügung gestellt und die VZÄ-Personalabbauvorgaben der alten Regierung abgeschafft worden sind, finanziert die Rot-Rot-Grüne Landesregierung mit dem neuen Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre allein für Reinickendorf etwa 150 zusätzliche Stellen. Gleichzeitig wird die Anpassung der Beamtenbesoldung auf das Bundesniveau im Laufe der Legislaturperiode abgesichert, werden Mittel für die Festanstellung von Musikschullehrerinnen und –lehrern vorgesehen und Zuweisungen an die Bezirke zur schrittweisen Anpassung der Honorare der Volkshochschuldozentinnen und –dozenten an den Bundestarif im Doppelhaushalt eingestellt.

Aufgrund von Fachkräftemangel, Konkurrenz mit attraktiveren Arbeitgebern und komplizierten Ausschreibungsverfahren wird das Bezirksamt in einzelnen Bereichen wie bspw. bei den Bauingenieuren Mühe damit haben, die Stellen zügig nachzubesetzen, die altersbedingt wegfallen. In vielen Bereichen sollte dies auf der Grundlage der Weichenstellungen auf Landesebene und bei frühzeitiger Ausschreibung, die Hr. Balzer angekündigt hat, allerdings möglich sein, so dass der Personalknappheit, der Arbeitsverdichtung und Arbeitsüberlastung sowie der Überalterung zukünftig effektiv entgegengewirkt werden kann.