XX / 47. Sitzung

BVV-Report

Verfahrensverbesserung digitale BVV  

Nachdem in der vergangenen, ersten digitalen Sitzung eine Stunde aufgewendet werden musste, um die Anerkennung von Dringlichkeitsanträgen zu behandeln, konnte dies zu Beginn der 47. Sitzung durch eine gesonderte Konsensliste zur Anerkennung von Dringlichkeiten innerhalb weniger Minuten in einem Vorgang geschehen. Dieses von der Linksfraktion vorgeschlagene Verfahren hat sich gut bewährt.

Einwohnerfragestunde

Die einzige Einwohnerfrage betraf die vernachlässigten Grünflächen bei der Greenwichpromenade. Stadträtin Frau Schultze-Berndt erklärte dazu, dass die bisherige Staudenbepflanzung ungeeignet war und nach einer temporären Lösung in 2021 wieder eine reguläre Bepflanzung erfolgen wird. Die Greenwichpromenade ist schon immer ein Anziehungspunkt für Menschen auch aus anderen Bezirken und dem brandenburgischen Umland sowie sogar Berlin-Touristen aus dem In- und Ausland, weshalb sich die Linksfraktion dafür einsetzen wird, dass diese Grünflächen zukünftig wieder intensiver gepflegt werden.

Mündliche Anfragen

Auf Anfrage der SPD-Fraktion nach einem Plan zur Durchsetzung der Hygienevorschriften an Silvester konnte Stadtrat Maack (AfD) auch nach mehrfachen Nachfragen kein klares Konzept vorweisen.

Im Zuge der Anfrage von Bündnis90/Die Grünen zur Nicht-Beteiligung von BVV-Fraktionen und Radfahrverbänden an einer Abstimmungsrunde des Senats unter Beteiligung der bezirklichen FahrRäte kam zutage, dass BVV und Zivilgesellschaft nicht im Vorfeld über die Veranstaltung informiert worden waren und lediglich ein Bezirksamtsvertreter zugegen war. Felix Lederle monierte, dass diese Nicht-Beteiligung durch die Weigerung des Bezirksamtes entstanden ist, in Reinickendorf wie in allen anderen Bezirken einen FahrRat einzurichten. Der Antrag der Linksfraktion zur Einrichtung eines Fahrrats gemäß Berliner Mobilitätsgesetz wurde seinerzeit 2018 mit dem Verweis auf den Mobilitätsrat abgelehnt, der selten tagt und noch seltener zu Fragen des Radverkehrs und der Modernisierung der Radverkehrsinfrastruktur. Stadträtin Frau Schultze-Berndt sagte allerdings zu, dass Einladungen an die bezirklichen FahrRäte zukünftig zumindest an die BVV-Fraktionen weitergeleitet werden.

Felix Lederle fragte Bezirksbürgermeister Herrn Balzer nach Ersatzflächen und/oder Kompensationen für die Laubenpieper in der Gartengemeinschaft Pankower Allee, die sich auf Bauland der Gesobau befindet. Der Bezirksbürgermeister steht derzeit in Verhandlungen mit der Gesobau und den Pächtern und ließ Hoffnung auf einen tragbaren Kompromiss durchscheinen. Allerdings sei man auf das Entgegenkommen der Gesobau angewiesen, denn die Rechtslage ist eindeutig und alle Pachtverträge laufen aus. Die Gesobau will auf einem Teilstück ihres Baulands bezahlbaren Wohnraum schaffen und der Bezirk würde regresspflichtig, wenn er das Bauen untersagen würde. Eine Nachfrage bestätigte erneut, dass es sich anders als wider besseren Wissens von der AfD behauptet, nicht um eine Kleingartenanlage handelt!

Stadtrat Herr Dollase antwortete auf die mündliche Anfrage von Marion Kheir zum Schimmelbefall an der Jean-Krämer-Schule, dass alle von Schimmel befallene Räumlichkeiten abgesperrt worden seien. Diese könnten im Winter allerdings nicht saniert werden. Die Nachfrage, ob eine Gesundheitsbeeinträchtigung für Schüler- oder LehrerInnen bestanden haben könnte, verneinte er. Allerdings stehen Nachprüfungen noch aus, so dass die Linksfraktion im Ausschuss nachhaken wird.

Offene Drucksachen: Offener Vollzug / Strandbad Tegel

Die erste große Debatte erfolgte anlässlich der Empfehlung der CDU-Fraktion, das Bezirksamt möge sich dafür einsetzen die Einrichtung eines offenen Vollzugs in Tegel zu verhindern, obwohl die entsprechende Vorlage des Senats von CDU-Justizsenator Hr. Heilmann stammt. Felix Lederle äußerte Verständnis für die Sorgen und Ängste der Anwohner, machte jedoch auch deutlich, dass die Linksfraktion Vertrauen in das Justizwesen in Berlin hat und dass der offene Vollzug nur dann angeordnet wird, wenn gut begründet davon auszugehen ist, dass von Insassen keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht und sie fähig und in der Lage sind, die Regeln eines freien Lebens im Sinne einer Resozialisierung einzuüben. Es handelt sich beim Offenen Vollzug um ein kontrolliertes System und bereits Alkoholkonsum oder eine verspätete Rückkehr können dazu führen, dass ein Gefangener direkt in den geschlossenen Vollzug zurückverlegt wird. Statistisch gesehen missbrauchen weniger als ein Prozent der Inhaftierten die Lockerungen, wobei selbstverständlich jeder einzelne Fall einer zu viel ist, wenn es dabei zu Straftaten kommt. Es handelt sich beim Thema offener Vollzug in Tegel um die Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zur Praxis der Sicherungsverwahrung in Deutschland und um die entsprechende Umsetzung im Land Berlin. Man mag zum offenen Vollzug stehen, wie man will, aber für die Linksfraktion als Rechtsstaatspartei ist klar, dass BVG-Urteile umzusetzen sind. Da die CDU Reinickendorf erneut keinen sachlichen Grund nennen konnte, der gegen den gewählten Standort für offenen Vollzug spricht, handelt es sich um einen populistischen „Not-in-my-backyard-Antrag“. Nicht in meiner Nachbarschaft reicht aber als Gegenargument nicht aus, denn ansonsten können die Bundesländer ihren sich aus dem BVG-Urteil ergebenden Verpflichtungen nicht nachkommen.

Eine Große Anfrage der AfD-Fraktion zum zukünftigen Pächter des Strandbads Tegel, den Nachbarschaftshilfeverein „Neue Nachbarschaft/ Moabit e.V.“, geriet für die AfD zum politischen Desaster. Zunächst wäre eine kleine Anfrage für die spärlichen und bereits vielfach auch in der Presseberichterstattung beantworteten Fragestellungen im Interesse einer effizient arbeitenden BVV absolut ausreichend gewesen. Nur schwer zu ertragen, waren allerdings die haltlosen und unbelegten Unterstellungen der AfD zu angeblicher politischer Klüngelei oder angeblicher mangelnder Qualifikation des Investors, der sich im Rahmen der Ausschreibung als einziger beworben und dann den Zuschlag erhalten hatte. Während alle demokratischen Fraktionen die Wiedereröffnung des Strandbads Tegel begrüßten, wurde in der Debatte deutlich, dass die AfD offenbar ein rein ideologisches Problem mit dem neuen Betreiber hat, weil sich der Verein im Bereich der Flüchtlingshilfe engagiert. Im alternativen Deutschland, das die AfD anstrebt, wird ein Investor, der als einziger bereit und in der Lage war, fast eine Million Euro in das Strandbad mit seinen maroden Leitungen im Wasserschutzgebiet zu investieren, damit andere Menschen baden können, beschimpft und verunglimpft. Deniz Seyhun betonte in der Debatte, dass der neue gemeinnütziger Betreiber aufgrund der langjährigen Vergabe über Erbpacht und der Finanzmittel einer vermögenden Familie, die sich in dem Verein engagiert, den finanziellen Spielraum hat, ein tolles kulturelles Angebot auf die Beine zu stellen und moderate Eintrittspreise anzubieten und Vergünstigungen für Erwerbslose, Kinder und Jugendliche oder SeniorInnen ermöglichen kann. Die Linksfraktion wird den neuen Betreiber nach Kräften unterstützen und sich auch für eine Fährverbindung von Spandau zum Strandbad Tegel einsetzen. Ein entsprechender Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und Linksfraktion wurde bereits vor einiger Zeit eingereicht.

Zusätzliche offene Drucksachen konnten aus Zeitgründen erneut nicht beraten werden. Die Reinickendorfer BVV schiebt seit längerer Zeit unerledigte Drucksachen aus vergangenen Sitzungen vor sich her, weshalb am 11. Februar eine Sondersitzung der BVV stattfinden wird.