XX / 16. Sitzung


BVV-Report

Die erste BVV-Sitzung begann mit einem Knall! Etwa 150 Schüler*innen und Eltern der Montessori-Schule-Heiligensee protestierten vor dem Rathaus gegen den drohenden Verlust ihrer Räumlichkeiten. Die Schule hat an ihrem aktuellen Standort nur einen befristeten Vertrag, der bald ausläuft, eine Alternative wurde aufgrund der schwierigen Lage auf dem Immobilien- und Grundstücksmarkt noch nicht gefunden. Die Linksfraktion gesellte sich gerne zu den Protestierenden, gibt es doch große Übereinstimmung zwischen LINKEN bildungspolitischen Vorstellungen und der Montessori-Pädagogik.

Genau diese Frage des zukünftigen Montessori-Standortes stand dann auch im Mittelpunkt der ersten großen Debatte in der BVV-Sitzung. Ungewohnte Einigkeit zwischen den Fraktionen, dass die Montessori-Schule dem Bezirk erhalten bleiben soll. Schulen in freier Trägerschaft haben aufgrund ihrer pädagogischen Freiheiten auch eine größere Eigenverantwortung, weshalb es sehr zu begrüßen ist, dass die Montessori-Schule eigene Anstrengungen unternimmt, einen neuen Standort zu finden. Die öffentliche Hand hat zwar zunächst einmal v.a. eine Verantwortung für die staatlichen Schulen und muss ihrer Verantwortung gerecht werden, der steigenden Bevölkerungszahl Berlins – Nettozuzug von rund 50.000 Menschen pro Jahr und prognostizierte rund 70.000 SchülerInnnen in den kommenden Jahren – mit zusätzlichen öffentlichen Schulplätzen und Schulstandorten zu begegnen, was mit Blick auf den angespannten Immobilienmarkt und auf die immer knapper werdenden Grundstücke bereits eine große Herausforderung darstellt. Gleichzeitig entlastet die Montessori-Schule den Staat und leistet eine wertvolle und gut nachgefragte Arbeit, so dass der Bezirk aus Sicht der Linksfraktion alles tun muss, um eine Lösung für die Montessori-Schule zu finden und auch eine Weiternutzung des bisherigen Standortes ggf. gemeinsam mit der Hausotter-Schule zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden sollte. Die Lösung für die Montessori-Schule kann – wie die Antwort auf die Mündliche Anfrage der Linksfraktion zeigte – keineswegs ein Schulbetrieb zum kommenden Schuljahr 18/19 im maroden und baufälligen Gebäude des ehemaligen Collège Voltaire sein, weshalb der Antrag, der Senat solle dies sicher stellen und somit Unmögliches möglich machen, aus Sicht der Linksfraktion befremdlich ist und offenbar von der eigenen Verantwortung des Bezirks ablenken soll.

Das nächste Thema drehte sich wieder um Immobilienfragen. Die Mieterinitiative Trettachzeile wollte vom Bürgermeister wissen, weshalb im Rahmen des ersten Berichtes der Wohnungsaufsicht des Bezirksamts nicht festgestellt worden war, dass das Dach undicht und dies die Ursache der Feuchtigkeit und Schimmelbildung in den Wohnungen gewesen ist. Viele Monate später müssen nun große Teile des undichten Dachs ausgetauscht werden, weil sich herausgestellt hat, dass Dachbalken völlig morsch sind. Die Antwort Herrn Balzers ließ zu wünschen übrig, entstand doch der Eindruck, dass sich die Wohnungsaufsicht ungeprüft auf die sachlich irreführende Aussage des Vorbesitzers Deutsche Wohnen verlassen hat, dass Dach sei bereits in Ordnung gebracht worden. Die Linksfraktion kritisierte, dass die Reparatur des Daches nicht bereits vor dem Winter erfolgt und abgeschlossen worden ist, was der aktuelle Eigentümer PI dem Bezirksbürgermeister Herrn Balzer – nach dessen Aussage in der BVV -Sitzung im November – Ende letzten Jahres zugesagt hatte.

Kritik gab es vom Vorsitzenden der Linksfraktion, Felix Lederle, daran, auf dem Areal der Trettachzeile den Abriss denkmalgeschützter Gebäude zu genehmigen, die bisherige Mischnutzung mit wohnverträglichem Gewerbe offenbar nicht weiterverfolgen zu wollen, eine Waldähnliche Grünfläche teilweise roden und bebauen zu lassen, anstatt diese für die Öffentlichkeit frei zu geben. Die Grundlage der Debatte um die Nachverdichtung auf dem Areal Trettachzeile bilden aus Sicht der Linksfraktion die beiden hierzu gefassten BVV-Beschlüsse. Die Linksfraktion stellt sich nicht gegen Nachverdichtung und Wohnungsbau auf dem Gelände, aber diese soll mit Augenmaß erfolgen, das Areal soll behutsam entwickelt werden und v.a. ohne Verdrängung der alteingesessenen Mieterinnen und Mieter vor Ort. Schutzbedürftig sind im Investoren-Eldorado- Berlin nicht die Investoren, sondern die Mieterinnen und Mieter. Anstoß der Debatte war die zugespitzte Frage eines Mieters, ob der Bezirk dafür verantwortlich sei, den Gewinn privater Investoren zu maximieren, was Bezirksbürgermeister Herr Balzer allerdings verneinte.

Mit Mündlichen Anfragen setzte sich die Linksfraktion für eine echte Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner im Rahmen des Programms Aktive Zentren rund um die Residenzstr. ein und für eine erneute Initiative des Bezirksamtes, die über den Flughafen Tegel abgewickelten Postflüge - wochentags mitten in der Nacht – nach Schönefeld zu verlagern oder vor 22 Uhr abzuwickeln. Die Einwohnerfrage eines Bürgers nahm die Linksfraktion zum Anlass, eine Ombudsstelle Jobcenter Reinickendorf – analog zu bereits bestehenden, entsprechenden Schlichtungsstellen in anderen Bezirken – zu beantragen und wir freuen uns auf die Debatten hierzu im Ausschuss für Soziales und im Hauptausschuss.

Im weiteren Verlauf der BVV-Sitzung wurden die Fortschritte im Bezirk bezüglich der Schulbauoffensive im Rahmen zweier großer Anfragen von LINKE. und SPD erörtert. Der aktuelle rot-rot-grüne Senat stellt im größten Investitionsprogramm in der jüngeren Geschichte Berlins binnen 10 Jahren 5,5 Mrd. Euro für die Schulsanierung zur Verfügung. Das Bezirksamt bemüht sich nach Kräften, die Mittel zu verbauen. Auftretende Probleme, was die Umsetzung betrifft, sind in Reinickendorf und in allen Bezirken: 1.) Bauboom und volle Auftragsbücher bzw. Schwierigkeiten kurzfristig geeignete Anbieter zu finden (bspw. sind alle Unternehmen, die Sanierungsarbeiten in sanitären Einrichtungen von Schulen kompetent durchführen können, mehr oder weniger ausgebucht, weil jetzt in allen Bezirken gleichzeitig solche Sanierungsmaßnahmen in Schulen durchgeführt werden sollen); 2.) Personalrekrutierung (in allen Bezirken wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Baubereich Stellen abgebaut, überall werden jetzt – wo r2g Neueinstellungen in Größenordnung ermöglicht hat - aktuell bspw. Bauingenieure händeringend gesucht, aber der Markt ist leer gefegt und die Bezirke können nicht so gut bezahlen wie in der freien Wirtschaft à deshalb haben die Bezirke im Rahmen ihres 10-Punkte-Plans sinnvollerweise beschlossen, gerade in diesem Bereich der Personalrekrutierung zusammenzuarbeiten; 3.) Immer knapper werdende Flächen überall in Berlin und Flächenkonkurrenzen (gebaut werden sollen und müssen Unterkünfte für geflüchtete Menschen, für Wohnungslose, Wohnungen und darunter auch bezahlbare Mietwohnungen, Schulen…). Die Linksfraktion würdigte und lobte ausdrücklich den 10-Punkte-Plan der 12 Bezirke Berlins und die konstruktive Rolle die Reinickendorf in diesem Prozess eingenommen hat. Zur großen Zufriedenheit der Linksfraktion ist der zeitweilig diskutierte Vorschlag des Senats für bezirkliche Schulbau-GmbHs durch die Bezirke abgeräumt worden. Stattdessen sollen drei Regionalverbünde mittelgroße Maßnahmen in Kooperation von jeweils vier Bezirken übernehmen, wodurch sich Synergieeffekte gerade bei ähnlichen Schultypenbauten ergeben. Reinickendorf arbeitet demnach mit den Bezirken Spandau, Mitte-Tiergarten und Charlottenburg-Wilmersdorf zusammen, wobei die Regionalgeschäftsstelle in Reinickendorf angesiedelt werden wird. Großprojekte sollen ganz in der Regie einer zu gründenden 100%-igen Tochtergesellschaft der landeseigenen Howoge umgesetzt werden. Die Linksfraktion wird den Prozess der Schulbau und Schulsanierung im Bezirk intensiv, kritisch und konstruktiv begleiten, um eine spürbare Verbesserung der Lernbedingungen für alle Reinickendorfer Kinder zu erzielen.

Schließen soll der Report mit einer guten Nachricht: Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Gesundheit, Integration und Soziales, Uwe Brockhausen, ist es gelungen, einen Supermarktbetreiber für das seit langem leerstehende Gebäude am Senftenberger Ring zu finden. Eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität besonders mobilitätseingeschränkter Anwohner, war der nächste Supermarkt bislang doch sehr weit entfernt.