XX / 23. Sitzung

BVV-Report

Die erste Sitzung nach der Sommerpause begann mit einem schweren Abschied. Dr. Hinrich Lühmann, der seit 2011 als parteiloses Mitglied der CDU-Fraktion der BVV vorstand, hatte zwei Wochen zuvor unerwartet seinen Rücktritt erklärt. Dr. Lühmann ist über alle Fraktionsgrenzen hinweg hoch angesehen, dementsprechend bewegend fiel die Ehrung aus, die zu seiner Überraschung auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Große Einigkeit bestand darin, dass Dr. Lühmann große Fußstapfen hinterlässt, führte er die BVV-Sitzungen doch stets souverän und fand insbesondere bei seinen Ansprachen immer die richtigen Worte zu schwierigen Themen, wie der Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Felix Lederle, betonte. Die Linksfraktion Reinickendorf bedankt sich herzlichst für seine außerordentlich gute Arbeit.

Als Dringlichkeiten wurden zwei Anträge zur Offenhaltung des Strandbads Tegel mithilfe privater Investoren verabschiedet, bei denen sich nur die Linksfraktion enthielt. Zwar möchte auch die LINKE. ein geöffnetes Strandbad, stellt sich aber nicht hinter Anträge, die von vornherein keine Chance auf Umsetzung haben und offenbar nur weiße Salbe für die Bürgerinnen und Bürger in Reinickendorf darstellen sollen. Für die Entscheidung, das Strandbad nicht wieder zu eröffnen, war ganz maßgeblich die CDU Berlin unter Hr. Henkel verantwortlich. Bei dem aktuellen Investitionsbedarf des Strandbades ist es illusorisch, einen Investor zu finden der diese erheblichen Kosten übernimmt. . Die auf Landesebene unter rot-rot-grün zwar erhöhten Finanzmittel zur Sanierung der Berliner Bäder, bleiben trotzdem knapp und werden zunächst vorrangig für Hallenbäder und Bäder, die für den Schul- oder Vereinssport benötigt werden, verwendet. Die Linksfraktion hält nichts davon, bei den Bürgerinnen und Bürgern in Reinickendorf falsche Erwartungen zu wecken oder ihnen Sand in die Augen zu streuen: Bis die lange Liste der zu sanierenden Bäder in Berlin soweit abgearbeitet ist, dass das Strandbad Tegel dran ist, wird noch einige Zeit vergehen. Den Reinickendorfer Wahlkreisabgeordneten Hr. Steffel, MdB, fordern wir erneut auf, sich nach dem Vorbild des Strandbades Müggelsee dafür einzusetzen, das Bundesmittel für die Sanierung des Strandbades Tegel zur Verfügung gestellt werden.

Bei der ersten Einwohnerfrage wurde erneut klar, dass das Thema Radwege im Bezirk immer stärker in den Fokus rückt. Doch der Wunsch einer Bürgerin, eine übergeordnete Verkehrsstraße zur Einbahnstraße zu machen, ging der Linksfraktion zu weit, auch weil die Straße als Autobahnzubringer und für den ÖPNV gebraucht wird. Sinnvoll findet die Linksfraktion, einen Fahrradweg von Tegel über den Steinbergpark zu führen, um den Waidmannsluster Damm zu entlasten. Immer noch wird das Thema Modernisierung der Fahrradverkehrsinfrastruktur durch die Stadträtin Fr. Schultze-Berndt zu stiefmütterlich behandelt, wie unter anderem die Weigerung zur Einberufung eines FahrRats zeigt, so wie er im Berliner Mobilitätsgesetz vorgeschrieben ist. Der Senat hat die nötigen Mittel zum Radwegeausbau zur Verfügung gestellt und die InfraVelo GmbH mit der Umsetzung größerer investiver Bauvorhaben des Radverkehrsinfrastrukturprogramms beauftragt. Bei der Umsetzung der Modernisierung der Fahrradverkehrsinfrastruktur müssen aber auch die Bezirke mitwirken und diesbezüglich läuft es in Reinickendorf noch nicht rund, was sich auch an den im Bezirksvergleich wenigen, abgerufenen Landesmitteln für Reinickendorf in diesem Bereich ablesen lässt.

 

Die mündliche Nachfrage von Deniz Seyhun, warum ausgerechnet der AfD-Stadtrat Maack zukünftig im Bezirksamt für Ausländerrecht zuständig sein soll beantwortete Bezirksbürgermeister Balzer, dass ein nicht-genanntes Mitglied des Bezirksamts die bisherige Zuständigkeit bei Stadtrat Brockhausen (SPD) angefochten habe und Recht bekam. Nun entspricht die Verteilung der Zuständigkeiten im BA derjenigen auf Landesebene. Die Frage der Linksfraktion war allerdings wichtig, weil sich herausstellte, dass der Verantwortungsbereich Ausländerrecht auf Bezirksebene kaum mehr als die Bearbeitung von Bürgerpost umfasst.

Bei der SPD, B90/ Die Grünen, der FDP und der Linksfraktion in der BVV umstritten ist die Behauptung des Bezirksbürgermeisters Hr. Balzer im Rahmen des Tagesordnungspunktes „Mündliche Anfragen“, die BVV habe beschlossen, dass zukünftig anstelle des jährlichen Rechtsextremismusberichtes nur noch ein allgemeiner Extremismusbericht angefertigt werden solle. Richtig ist, dass die BVV im Januar einstimmig die Anfertigung eines Extremismusberichtes beschlossen hat und gleichzeitig den Zusatz: „Dieser Bericht soll bereits existierende Berichte zu diesem Themengebiet ergänzen.“

(Quelle: https://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/to020.asp )

Kann aus dem Begriff „ergänzen“ abgeleitet werden, der seit vielen Jahren erscheinende Rechtsextremismusbericht solle abgeschafft werden? Die Linksfraktion hält dies für eine unzulässige Uminterpretation des BVV-Beschlusses und hält einen jährlichen Rechtsextremismusbericht gerade in der heutigen Zeit für unverzichtbar!

Bezirksstadtrat Dollase konnte auf Frage der Verordneten Marion Kheir (DIE LINKE.) berichten, dass mit dem neuen Schuljahr 130 neue Lehrerstellen besetzt wurden. Sehr verwunderlich war allerdings, dass er nicht sagen konnte, wie viele dieser Stellen von Quereinsteigern besetzt wurden, was für die Qualität des Unterrichts einen Unterschied darstellen kann.

Im Rahmen der Debatte über den Antrag der Fraktion FDP, am 17. Mai die Regenbogenflagge am Rathaus zu hissen, kam bei den konservativen Fraktionen die Angst vor einer inflationären Regenbogenbeflaggung auf. Sie einmal im Jahr zu zeigen sei demnach noch OK, zweimal im Jahr hingegen absolut untragbar. Die anderen Fraktionen unterstützten den Antrag, geht es doch darum, auch durch Symbole und hier Beflaggung beim Rathaus ein Bewusstsein gegen Homophobie und Transphobie zu schaffen und nimmt die Gewalt gegen Homosexuelle in Berlin doch zu und nicht ab. Diese Tatsache bestritten immerhin auch CDU und AfD nicht, wie Felix Lederle anmerkte, dennoch lehnten sie den Antrag mit ihren Stimmen ab. So wird das Rathaus am Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie unverständlicherweise nicht Flagge zeigen. Sehr schade!

Kaum weniger enttäuschend war die Begründung von Stadträtin Fr. Schultze-Bernd, sich gegen einen Interkulturellen Garten zu entscheiden, mit der Begründung, Grünflächen gingen für die Allgemeinheit verloren. Doch durch einen Interkulturellen Garten gewinnt die Allgemeinheit eine Grünfläche in Form eines Interkulturellen Gartens oder? Grünflächen sind im Bezirk jedenfalls zur Genüge vorhanden. Die wahre Begründung bleibt also weiter unklar. Die Sache wird im Bauausschuss weitererörtert.