XX / 56. Sitzung

BVV-Report

Die BVV fand erstmals seit langer Zeit wieder als Präsensveranstaltung statt. Es gab natürlich ein Hygienekonzept, so dass Masken getragen, Abstand gehalten und die Pulte nach jeder Rede desinfiziert wurden.

Zu Beginn gab es eine Resolution mehrerer Fraktionen inkl. der LINKEN, die die Arbeit des ATRIUM, der größten Jugendkunstschule in Deutschland mit einem vielfältigen Angebot, würdigt und sich nach der Änderung der Zuständigkeit von der Senatsbildungsverwaltung zur Senatskulturverwaltung für eine Vereinbarung beider Verwaltungen über den Verbleib der Lehrkräfte in den Jugendkunstschulen einsetzt und die einstimmig beschlossen wurde.

In der Einwohnerfragestunde wurde unter anderem gefragt, wie es kommt, dass die AfD in der RAZ behauptet, die Ausweitung der Reinickendorfer Mieterberatung sei auf ihre Initiative zurückgegangen. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Felix Lederle, erinnerte daran, dass es der rot-rot-grüne Senat war, der je Bezirk 100.000 EUR hierfür bewilligt hatte und der zuständige Bezirksstadtrat Hr. Maack (AfD) zunächst große rechtliche Bedenken hatte und diese Mittel im Jahr 2018 überhaupt nicht einsetzte und erst von rot-rot-grün politisch unter Druck gesetzt und zum Jagen getragen werden musste, bis die Mieterberatung endlich ausgeweitet wurde.

Eine weitere Frage handelte von der Entwicklung des KaBoN-Geländes. Der Vorsitzende der Linksfraktion informierte, dass auf dem KaBoN-Gelände aus LINKER Sicht vieles zu bewahren und zu schützen ist wie der alte Baumbestand, der Anstaltsfriedhof oder die Hippotherapie und dass die Gesobau auf dem KaBoN-Gelände Wohnungen bauen soll. Uneinigkeit gibt es planungsrechtlich, weil SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und DIE LINKE die vom Bezirksbürgermeister angestrebte Bebauung nach § 34 ablehnen wegen der erwähnten Schutzbelange, um die Rolle der BVV im Planungsprozess nicht zu schwächen und um eine Bürgerbeteiligung sicherzustellen. Vivantes will aber auf Druck der SPD-geführten Senatsverwaltung für Finanzen einen hohen Verkaufspreis von der GESOBAU, weshalb sich der Grundstücksverkauf zuletzt erneut verzögert hat. Konkrete Planungen der BVV sind erst möglich, wenn der Kauf abgeschlossen ist, der sich leider unverständlich lange hinzieht.

Auch die Lärm- und Verkehrsbelastung und Verkehrssicherheit im Waldseeviertel waren erneut Thema bei zwei Einwohnerfragen und im Rahmen einer Aussprache über die Vorlage zur Kenntnisnahme des Bezirksamts. Felix Lederle bedankte sich für das Engagement und die Hartnäckigkeit der Bürger-Initiative Waldseeviertel und versicherte, dass DIE LINKE fest an der Seite der BI steht. Verkehrssicherheit und Lebensqualität von Anwohner:innen haben für DIE LINKE klar Vorrang vor einem schnelleren Pendeln des PKW-Verkehrs im Sekundenbereich aufgrund eines Schleichwegs durchs Wohngebiet. Sehr enttäuscht zeigte sich der Fraktionsvorsitzende der LINKEN, dass der ohne Gegenstimmen von der BVV beschlossene Antrag für eine temporäre Schließung des Wohngebiets für den Motorisierten Individualverkehr für eine Evaluation der Auswirkungen und für eine Bürgerbeteiligung auf der Grundlage der Ergebnisse des Feldversuchs einer Schließung ohne zwingenden Grund vom Bezirksamt nicht umgesetzt wird.

In den mündlichen Anfragen wollte DIE LINKE wissen, warum in Reinickendorf so wenig Wohnungsbau stattfindet und welche Rolle das Bezirksamt dabei spielt, dass der Bezirk im Ranking aller Bezirke bei der Bebauung das Schlusslicht bildet. Bezirksbürgermeister Herr Balzer erläuterte, dass die Bauaufsichtsbehörde nur auf vorliegenden Bauantrag hin entscheidet und dass alle eingegangenen Anträge in 2020 fristgemäß bearbeitet wurden. Ansonsten verwies er auf die Besonderheiten des Bezirks, in dem es leider nur wenig Potenzial für großen Wohnungsbau gäbe. Er verwies darauf, dass er in dieser Legislaturperiode viel Vorarbeit dafür geleistet habe, dass in den kommenden Jahren mehr gebaut werden kann. Dass andere Bezirke etwas besser machen und man dann evtl. von diesen etwas lernen könne, wies Herr Balzer zurück. Ansonsten sprach er sich für eine Entbürokratisierung und Beschleunigung von B-Plan-Verfahren aus, blieb aber trotz Nachfrage letztlich die Frage schuldig, was konkret gemeint ist und ob die Bürgerbeteiligung zurückgefahren oder auf eines oder mehrere der erforderlichen Gutachten verzichtet werden solle.

In einer Beschlussempfehlung für zusätzliche Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt, machte Deniz Seyhun für die Linksfraktion deutlich, dass jeder einzelne Fall ist ein Fall zu viel ist und auf dieser Strecke gar nicht genug getan werden kann. Die Prävention muss ausgeschöpft werden und alle Hilfsangebote müssen an Schulen und Schüler:innen weitergeleitet werden. Die Fraktionen von Grünen, DIE LINKE und FDP stimmten zu, die SPD enthielt sich und abgelehnt wurde die Beschlussempfehlung mit der Mehrheit von CDU und AfD.

In einer weiteren Beschlussempfehlung, die Maßnahmen vorsah, Schüler:innen für Fake-News zu sensibilisieren, betonte Deniz Seyhun für die Linksfraktion, wie zentral wichtig es ist, dass junge Menschen lernen, Nachrichten auf Quellen und Seriosität zu prüfen, um Fake News zu erkennen und wie notwendig es ist, Jugendliche in Medienkompetenz zu schulen, um die Verbreitung von Fake-News einzuschränken. Anleitungen und Checklisten gibt es bereits zur Schulung der Schüler:innen. Falschmeldungen mit Hassprägungen müssen besonders beobachtet und gemeldet werden. Sogenannte Alternativmedien haben nachweislich insbesondere nach 2015 ff. oder in der Corona-Zeit absichtlich, unzählige falsche Meldungen verbreitet und damit auch Wähler:innen manipuliert. Die Beschlussempfehlung wurde mit den Stimmen aller demokratischen Fraktionen angenommen – die AfD stimmte dagegen.

In weiteren Rederunden warb der Vorsitzende der Linksfraktion u.a. für eine 30-er-Zone für den Falkentaler Steig, für die Durchführung der von der BVV beschlossenen Machbarkeitsstudie zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Heinsestraße und erläuterte, weshalb der Vorschlag der AfD, die Stadtautobahn zwischen dem Tunnel Alt Tegel und dem Tunnel S-Bahn Ernststraße zu deckeln und dann dort Wohnungen zu bauen, völlig ungeeignet ist, um im Ergebnis zu mehr bezahlbaren Wohnungen zu kommen.