XX / 27. Sitzung

BVV-Report

Wahrscheinlich aufgrund der Feiertage standen bei der ersten Sitzung im neuen Jahr 2019 nur zwei Einwohnerfragen auf dem Programm. Die Mieterinitiative des Waldseeviertels, die sich für weniger Verkehr in ihrem stark befahrenen Wohngebiet einsetzt, das u.a. aufgrund von Kopfsteinpflasterstraßen nicht für hohe Verkehrsfrequenz ausgelegt ist. Stadträtin Schultze-Bernd versucht zunächst Tempoüberschreitungen mit zusätzlichen Tempo-30-Zonen-Schildern zu begegnen. Die Linksfraktion geht einen deutlichen Schritt weiter und fordert temporäre Poller, um das Waldseeviertel zu einer Sackgasse zu machen, denn die Verkehrssicherheit vor allem der Fußgänger inklusive Schulkinder ist sonst nicht in vertretbarem Maße gegeben und es kann nicht die Lösung sein, den zunehmenden Pendlerverkehr von Hauptstraßen durch Wohngebiete zu leiten.

Die erste mündliche Anfrage zum Thema Vermüllung in Reinickendorf beantwortete Bezirksstadtrat Maack teilweise widersprüchlich. Zum einen beklagte er eine stark zunehmende Vermüllung, bei der es schon ein Erfolg wäre, eine weitere Zunahme zu stoppen, auf Nachfrage der CDU, ob er von einer weiteren Zunahme des Problems ausgehe, betonte er, dass ein Anstieg um die Weihnachtsfeiertage normal wäre und man den weiteren Verlauf beobachten müsse. Was denn nun?

Wenig informativ war die Antwort ivon Bezirksbürgermeister Balzer auf die Frage ivon Felix Lederle, der wissen wollte, warum im erneuten frühzeitgen Bürgerbeteiligungsiverfahren am alten Wasserwerk Tegel nicht die aktuellen Pläne und die Vorgaben des Landesdenkmalamtes zugrunde gelegt wurden. Herr Balzer ließ wissen, dass eine Auslegung der neuen Unterlagen einen Mehraufwand wegen neuer Beteiligungsiverfahren bedeutet häte und das alte Verfahren nur aus formalen Gründen wiederholt würde. Nun werden die Bürger* innen an einem Projekt beteiligt, dass so nicht realisiert wird. Am Projekt in der aktuellen Planung gibt es derzeit keine Beteiligung. Ob die Anforderungen des Denkmalschutzes in den neuen Plänen berücksichtgt werden, konnte der Bezirksbürgermeister ebenso wenig beantworten, wie die Frage nach dem Eckgrundstück Ziekowstraße 79/85. Dies wurde seitens des Bezirksamtes insofern als Sonderfall deklariert, als die GRZ mit der Begründung, ausreichende gewerbliche Entwicklungsmöglichkeiten sichern zu wollen, auf 0,6 erhöht wurde. Laut Neubaukompass ist aber nun überhaupt keine Fläche für gewerbliche Nutzung vorgesehen. Wie wird das BA sicherstellen, dass hier wie geplant die Möglichkeit geschaffen wird, Einzelhandels- und Dienstleistungseinrichtungen unterzubringen? Wird die GRZ für das Eckgrundstück Ziekowstraße 79/85 wieder abgesenkt, falls an diesem Ort keine Gewerbefläche geplant und gebaut wird? Hierauf gibt es bislang keine Antworten, weshalb die Linksfraktion eine schriftliche Anfrage einbringen wird.

Mehr Informationsgehalt hatte seine Antwort auf die nächste Frage von Felix Lederle, warum die Bewohner des Ziekowkiezes von der Vonovia in 2018 noch keine Mietvertragsergänzungen erhalten hätten, obwohl ihnen dies auf einer Informationsveranstaltung des Vermieters zugesichert worden war. Auf Nachfrage von Herrn Balzer antwortete ihm die Vonovia, dass man es während der Weihnachtsferien nicht mehr geschafft habe, den Mietern dieses wichtige Dokument zukommen zu lassen. Hier sind sich die Linksfraktion und der Bezirksbürgermeister einig, dass Absprachen eingehalten werden müssen und die Vonovia nun zeitnah bis spätestens Ende Februar die Mietvertragsergänzungen an alle Mieter verschicken muss und entsprechend ist das Intervenieren des Bezirksbürgermeisters in Folge der Anfrage zu begrüßen. Für die Bewertung des Gesamtprojektes sind die Regelungen zum Mieterschutz zentral wichtig.

Danach kam endlich die Große Anfrage der Linksfraktion zum Thema Mieterberatung im Rahmen des Bündnisses für Wohnungsbau und Mieterberatung 2018-2021 auf die Tagesordnung. Die Anfrage sollte bereits im Oktober behandelt werden, nachdem abzusehen war, dass die Umsetzung durch Bezirksstadtrat Maack verschleppt wurde, musste aus Zeitgründen aber viele Male vertagt werden. Der Rechenschaftsbericht von Herrn Maack war fast ein Jahr nach Start des Programms so eklatant schwach, dass die Reaktionen der R2G-Fraktionen geradezu wütend ausfielen. Denn der Bezirksstadtrat Hr. Maack (AfD) hat tatsächlich 110.000 Euro für Mieterberatung verfallen lassen!

Rot-Rot-Grün im Bezirk hatte im Rahmen der Verhandlungen über den bezirklichen Doppelhaushalt erfolgreich eine Verdreifachung der bezirklichen Mittel für Mieterberatung auf 15.000 Euro für 2018/19 durchgesetzt. Pro Jahr stehen den Bezirken auf Initiative von r2g im Land zudem seit Anfang letzten Jahres 100.000 Euro Landesmittel zur Verfügung, um Mieterberatungsangebote zu ermöglichen.

Die Mietenproblematik ist eine der größten Herausforderungen in Berlin und der Beratungsbedarf vieler Menschen bis weit in den Mittelstand hinein steigt nachweislich immer weiter. Anstatt die seit 2016 bestehende Mieterberatung im Rathaus Reinickendorf durch den Mieterverein mit den hierfür vorgesehenen Mitteln in Höhe von insgesamt 115.000 Euro umgehend aufzustocken und im Laufe des Jahres 2018 an zusätzlichen Standorten im Bezirk entsprechende Beratungsangebote durchführen zu lassen, hat das Bezirksamt Reinickendorf die Hände in den Schoß gelegt und kam es in 2018 zu keiner Ausweitung des Mieterberatungsangebots. Die Mieterberatung im Rathaus Reinickendorf wurde lediglich auf dem bisherigen bescheidenen Niveau an Wochenstunden fortgeführt, so dass in 2018 öffentliche Mittel in Höhe von insgesamt 110.000 Euro verfallen sind, die für soziale Zwecke zum Wohle der Mieterinnen und Mieter in Reinickendorf vorgesehen waren. Die politische Hauptverantwortung hierfür trägt der zuständige Bezirksstadtrat Hr. Maack (AfD), dem es offensichtlich an Bewusstsein für Mieterschutz und dem entsprechenden politischem Willen mangelt. Im Rahmen der Debatte in der BVV wurde deutlich, dass Hr. Maack beabsichtigt, auch in 2019 mit rund 20.000 Euro nur einen Bruchteil der zur Verfügung stehenden Finanzmittel dem von BVV Reinickendorf und Abgeordnetenhaus von Berlin festgelegten sozialen Verwendungszweck zuzuführen. Im Bezirksvergleich würde Reinickendorf somit Schlusslicht bleiben, was den Umsetzungsstand betrifft. Die Linksfraktion fordert, dass zügig dort, wo der Verdrängungsdruck im Bezirk nachweislich besonders groß ist, an Standorten in Reinickendorf-West und –Ost z.B. in den dortigen QM-Büros zusätzliche Mieterberatungen beauftragt werden und dass die Beratungsangebote endlich professionell und breit beworben werden.

Die zweite große Anfrage der Fraktion die Grünen beschäftigte sich mit dem Thema Europa in Reinickendorf. Bezirksbürgermeister Balzer listete eine lange Reihe wichtiger Projekte von Bauvorhaben bis zu sozialen Programmen auf, die durch Mittel der Europäischen Union in Reinickendorf realisiert werden konnten. Dabei ließ er keinen Zweifel daran, dass die EU ein immens wichtiger Partner für den Bezirk ist, was von allen Fraktionen außer der AfD begrüßt wurde. Felix Lederle unterstrich die Wichtigkeit der EU für Frieden und Wohlstand in Europa, mahnte aber auch an, dass die soziale Komponente viel mehr Beachtung finden müsse als bislang.