BVV-Splitter

25. Sitzung

17.00 Uhr, Ratssaal. SPD und B90 sind pünktlich. Die CDU trudelt gemächlich ein. Stadtrat Ruschin kommt wie vom Nordpol, noch in voller Montur. Die Bürgermeisterin schleppt wie gewohnt eine dicke Unterschriftenmappe mit sich, grüßt majestätisch in alle Richtungen. Frau Skrobek (CDU) eilt sofort herbei. D. Steffel (CDU), ganz modern mit einem Schal verziert, überblickt die Kollegen „von oben“. Frau Petters (B90) macht ihre Runde, Herr Braun (SPD) nickt herüber. Inzwischen sind die Grauen eingetroffen. Herr Vetter (FDP) ist der Letzte. Der (anfangs) einzige anwesende Journalist wird von Verordneten, Stadträten mit Handschlag begrüßt. Die Beamten des Bezirksamtes sind auch da, aber nur wenige Zuschauer.

17.10 Uhr läutet BVV-Vorsteher Pohl (CDU) die 25. Sitzung der BVV ein: „Meine sehr verehrten Damen und Herren....!“ Herr Collier (SPD) hat Geburtstag; er darf sich einen bunten Blumenstrauß von vorn abholen. „Mit besonderer Freude“ werden „die Vertreter der Presse“ (s. o.) begrüßt, „mit großer Freude ... unsere Reinickendorfer Mitbürger“. Und ganz besonders drei Gymnasiasten aus Marzahn, die verfolgen wollen, „wie Kommunalpolitik in Reinickendorf gemacht wird“.

Die BVV behandelt zunächst Überbleibsel aus der 23.Sitzung.

Die Große Anfrage (GA) der CDU-Fraktion „Borsighafen in Tegel eine Erfolgsgeschichte – Arbeitsplätze für viele Reinickendorfer Arbeitnehmer“(Drs.-Nr.: 0620/XVIII) war bereits am 17.7.2008 gestellt, aus unterschiedlichen Gründen (Behandlungsverbot, mehrfache Abwesenheit der Bürgermeisterin) im September, Oktober und November zurückgestellt worden. In ihrer Antwort nennt Bezirksbürgermeisterin Wanjura eindrucksvolle Zahlen: 4,2 Mio. Euro Fördergelder durch Bund und Land; erwarteter Umsatz: 160-200 Mio Euro; 1.400 Arbeitsplätze gesichert; 18-20 Mio Euro an Körperschafts- und Gewerbesteuer für das Land Berlin. Die Baumaßnahmen würden im Dezember 2008/Januar 2009 abgeschlossen werden. Dr. Potrafke (CDU) erblickt darin eine Erfolgsgeschichte, die „durch geschicktes Handeln der politischen Entscheidungsträger“ (Bürgermeisterin, Baustadtrat, „ein Stück weit“ auch CDU) erreicht worden sei. Frau Burk (SPD) gießt Essig in den Wein, erinnert an die dilettantische Vorbereitung durch das Bezirksamt (BA), an die Widersprüche im BA selbst, an die Kritik des Landesrechnungshofes, an die Kostensteigerung u.a.m. Frau Petters (B90) stellt selbst die Förderfähigkeit des Projekts in Frage. Herr Schmidt (FDP) verkündet seine „Wahrheit“, der Senat habe die Bedeutung des Borsighafens nicht erkannt. Frau Wanjura habe sich der Sache angenommen, dabei Fehler gemacht; aber „mutige Fehler“ könnten zu Erfolgen führen.

Wir in Reinickendorf“ hat in der Dezember-Ausgabe 2008 in einem Beitrag des wirtschaftspolitischen Sprechers der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Stefan Liebich, dargestellt, wie die Erfolgsgeschichte „Borsighafen“ mit tatkräftiger Unterstützung des Wirtschaftssenators Harald Wolf möglich geworden ist.

In seiner Antwort auf die GA der CDU „Jahresbericht des Kita-Eigenbetriebes“ (Drs.-Nr.: 0665/XVIII) informiert Bezirksstadtrat Senftleben (SPD) über ein Defizit von ca. 56 Tausend Euro (2007), hervorgerufen durch hohe Personalkosten, über die hohe Auslastung der kommunalen Kitas (95 %) und die stabile Nachfrage im laufenden Jahr, so dass es keinen Anlass für größere Besorgnis gebe.Die 25. Sitzung beginnt mit einer Persönlichen Erklärung der Bürgermeisterin zu einer inzwischen gerichtlich zurückgenommenen Einzelpersonalentscheidung während ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit. CDU-Fraktionsvorsitzender Schultze-Berndt empfindet darüber „gewisse Genugtuung“, dass das „Intrigenkonstrukt“, die „bösartige, ehrabschneidende Kampagne“ gegen die Bürgermeisterin wie ein Potemkinsches Dorf zusammengefallen sei. SPD-Fraktionsvorsitzender Braun erinnert daran, dass besagte Personalentscheidung im BA offenbar nicht gegen die Stimmen der CDU-Mitglieder (ohne Frau Wanjura immer noch 3-CDU, 2-SPD) getroffen worden sei, und fordert eine Entschuldigung durch den CDU-Fraktionsvorsitzenden. Herr Schultze-Berndt erklärt, der Stellvertretende Bürgermeister Senftleben habe zu keiner Zeit „gelogen, intrigiert, betrogen“. Gelogen, intrigiert, betrogen habe der SPD-Kreisvorsitzende Peter Senftleben. Dieser sieht die „Grenzen des Erlaubten überschritten“, woran er sich fast gewöhnt habe, und stellt richtig, dass er sich als SPD-Kreisvorsitzender nie zu Personalfragen geäußert habe. BVV-Vorsteher Pohl weist daraufhin, dass sich der Ältestenrat nach dem Eklat in der Sondersitzung am 26.11.2008 geeinigt habe, dass die Worte „Lüge, Lügner“ in der BVV nicht zulässig seien. Er kann nicht anders: „Herr Schultze-Berndt, fühlen sie sich gerügt!“

Die einer normalen Arbeit abträgliche Situation in unserem „Bezirksparlament“ setzt sich bei den Mündlichen Anfragen (MA) fort. Bürgermeisterin Wanjura weigert sich unter Berufung auf das Rechtsamt, eine MA von S. Braun über das Ergebnis ihres Rechtsstreites mit dem „NordBerliner“ zu beantworten, da dies eine „persönliche Angelegenheit“ sei. Nachfragen lässt der BVV-Vorsteher deshalb nicht zu. In einer Persönlichen Erklärung macht der SPD-Fraktionsvorsitzende darauf aufmerksam, dass in dem Gerichtsdokument von einem Rechtsstreit der Bezirksbürgermeisterin mit Dienstort Eichborndamm die Rede sei. Er werde sich an das Rechtsamt wenden, ob die Bürgermeisterin seine Frage beantworten müsse. Eine Einberufung des Ältestenrates (Pohl: „Mir fehlt direkt etwas“) hält er nicht für notwendig.

Was die Gymnasiasten aus Marzahn wohl nach Hause in den Fernen Osten mitgenommen haben?!

Friedrich Wilhelm