XVIII / 47. Sitzung
BVV-Report
Zu Beginn ehrte die BVV die verstorbene langjährige SPD-Verordnete Regine Koch mit einer Schweigeminute.
Das Bezirksamt (BA) beantwortete drei Einwohnerfragen, u.a. zu den Folgen der von der Bundesregierung vorgenommenen Mittelkürzungen für das JobCenter Reinickendorf und zur Asbestbelastung an der Bettina-von-Arnim-Schule.
Zehn Mündliche Anfragen beschäftigten sich u.a. mit Verstößen gegen die Schneeräumpflicht im Bezirk, der Situation auf der Tegeler Hafeninsel, vergessenen Schildern in der Oranienburger Str. und dem 2010 ausgebliebenen Festakt für eingebürgerte Reinickendorferinnen und Reinickendorfer. Informationen über „Wochenendrandale“ am 19.-21.11.2010 im Bereich Tegel-City, die der CDU „von Bürgern zugetragen“ wurden, konnten vom BA unter Berufung auf die Polizeidirektion 1 nicht bestätigt werden.
In einem Dringlichkeitsantrag sprach sich die BVV dafür aus, das BA möge sich gegenüber der BVG dafür einsetzen, „dass aufgrund der großen Kälte auch in Reinickendorf nachts ein zentral gelegener U-Bahnhof für Übernachtungen von Obdachlosen geöffnet wird“ (Drs.-Nr.: 1326/XVIII).
Unter den Augen zahlreicher Gäste der Hannah-Höch-Grundschule und der Greenwich-Oberschule debattierte die BVV die Anträge von B90/Grüne „Gemeinschaftsschule im MV“ (Drs.-Nr.: 1258/XVIII) und der CDU „Keine Einheitsschule in Reinickendorf“ (Drs.-Nr.: 1263/XVIII). Schulstadträtin K. Schultze-Berndt (CDU) gab - wie gewohnt völlig unideologisch - die Linie vor: das BA wolle „keine Schule auf Kosten der anderen“; das Konzept der Gemeinschaftsschule sei nicht umsetzbar; der Senat solle die für das Prestigeobjekt vorgesehenen Gelder lieber für normale Schulen ausgeben. Und damit basta!? Frau Köppen, schulpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, sah die CDU-Ablehnung sogar vom „Willen breiter Bevölkerungskreise“ getragen; die Greenwich-Oberschule sei wohl nur von Direktor Tlustek (Hannah-Höch-Schule) „überfordert“ worden. Die CDU-Auslassungen wurden von den Zuhörern mit Gelächter und Zurufen wie „unglaublich!“, „Lüge“ begleitet, was ihnen einen Ordnungsruf des BVV-Vorstehers einbrachte. Herr Collé (SPD) hatte es leicht: mit Genehmigung des Vorstehers verlas er einen Artikel des „Tagesspiegel“ vom 7.12.2010 („Reinickendorfer Riegel“) und empfahl der CDU, sich den Artikel hinter den Spiegel zu stecken. FDP-Fraktionsvorsitzender Vetter begrüßte es, „wenn Schulen eigenverantwortlich entscheiden, das wollen und auch können“, sollten ihnen politisch keine Steine in den Weg gelegt werden. Herr v.Marschall (B90/Grüne) betonte, er sei auch gegen eine „Einheitsschule“; das Angebot einer Gemeinschaftsschule erweitere doch die Vielfalt der Schullandschaft im Bezirk und das Elternwahlrecht, was das BA als Schulträger nicht verbieten solle. Auf FDP-Antrag sollen die Schulen im Schulausschuss ihre Konzepte im Januar vorstellen.
Die SPD fragte in einer Großen Anfrage (GA) „Goldener Herbst?“ (Drs.-Nr.: 1276/XVIII) nach, woher das BA in seiner Presseerklärung (PE) vom 11.11.2019 Arbeitsmarktdaten nehme, die deutlich von den offiziellen Daten der Bundesagentur für Arbeit abweichen. Für Wirtschaftsstadtrat Lambert (CDU) als Autor der PE hat „der Aufschwung Schwung“, sei „ein Aufschwung für alle“ dank „der klugen Arbeitsmarktpolitik von Frau Dr. Merkel“, die zur Vollbeschäftigung führe. Ob er das selbst glaubt? Wie bereits bei der Beantwortung der Einwohnerfrage im September jonglierte er mit Erwerbslosenzahlen für Reinickendorf und Vergleichen mit Pankow und Spandau, verwandte aber erneut von der BfA-Statistik abweichende Daten. SPD-Sprecher Kargewürdigte die Wirtschaftspolitik des Senats (Hallo, gibt es da nicht einen Wirtschaftssenator von der LINKEN?)
Die Fraktion B90/Grüne erkundigte sich in einer GA nach den Ergebnissen der „Woche der Demokratie 2010“ (Drs.-Nr.: 1289/XVIII), die faktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatte. Stellv. Bürgermeister Senftleben (SPD) konnte nicht erklären, warum das BA zwar 12 000 Euro aus Bundesmitteln für die Woche bereit gestellt, aber anders als 2009 sich nicht engagiert hatte. Hilflos fragte die CDU-Sprecherin Blankenburg nach ihrem Grundsatzvortrag über Demokratie von Gandhi bis Balzer, wie politisch Angebote sein dürften, um junge Menschen anzusprechen. SPD-Fraktionsvorsitzender Brockhausen bescheinigte dem BA verständnisvoll, das sei „leider kein wirklicher Erfolg“ gewesen. „Armutszeugnis“ und „verpasste Chance“ wären hier wohl die richtigen Wörter gewesen.
Was sonst noch passierte?
ER gab sich die Ehre und schaute nach seinem Gefolge. Nacheinander eilten Mitglieder der CDU-Fraktion herbei, um ein Wort des Bundestagsabgeordneten aufzuschnappen – er sitzend, jene sich zu ihm nieder neigend. Die BVV-Sitzung ging weiter....
Friedrich Wilhelm