BVV-Report

XVIII / 35. Sitzung

Zu Beginn gedenkt die BVV ihres verstorbenen ehemaligen Vorstehers, des CDU-Politikers Kurt Meissner.

Die BVV bewältigt zwei Einwohnerfragen, sechs Mündliche Anfragen (MA), eine Große Anfrage als Dringlichkeitsantrag (DA) sowie einige nachgelassene Drucksachen und Beschlussempfehlungen aus Ausschüssen „hart, aber fair“, insgesamt in sachlicher Atmosphäre.

Wer darf Einwohnerfragen stellen? Herr Merten ist Mitglied der Seniorenvertretung. Laut Geschäftsordnung der BVV (wo findet man sie eigentlich?) dürfen nur natürliche Personen Fragen stellen. Er ist aber auch Bürger des Bezirkes. Über diese vom BVV-Vorsteher „gebaute Brücke“ will er nicht gehen, so dass niemand erfährt, was er offenbar im Auftrag der Seniorenvertretung wissen wollte.

Yusuf Dogan, Sprecher Reinickendorfer LINKEN, erkundigt sich, „ob unser Bezirksbürgermeister nicht ... endlich in unserem Bezirk den Weg für die Einsetzung eines Integrationsbeauftragten bzw. die Wahl eines Integrationsbeirates frei ... machen" wolle? Bezirksbürgermeister Balzer (CDU) antwortet lapidar, das Bezirksamt (BA) halte die jetzige Situation für „gut gelöst“, wo jeder Dezernent in seinem Verantwortungsbereich selbst für Integration sorge. Das war bei seiner Vorgängerin - natürlich bedeutend wortreicher - wiederholt in gleicher Weise zu hören. Außer Lorenz Weser (CDU) sehen die Sprecher der anderen Fraktionen Handlungsbedarf des BA in Sachen Integration im Bezirk.

Im Namen des BA gibt stellv. Bürgermeister Senftleben (SPD) eine "erste Einschätzung" der vom innerbezirklichen "Runden Tisch gegen Gewalt" initiierten ersten "Woche der Demokratie" (6.-13.11.2009): Trotz organisatorischer Schwierigkeiten "infolge der spezifischen Situation im BA" im Frühjahr, zu geringer Öffentlichkeitsarbeit und z.T. unter den Erwartungen liegenden Teilnehmerzahlen könne "alles zusammen" eine erfolgreiche Bilanz gezogen werden.

Die Fraktion B90/Grüne nimmt die Ankündigung von Bezirksschulstadträtin Schultze-Berndt, die Thomas-Mann-Oberschule in ein Gymnasium umzuwidmen, zum Anlass, in einer dringenden GA "Schulentwicklung ohne Plan" (Drs.-Nr.: 1001/XVIII) nach den politischen und fachlichen Voraussetzungen für einen solchen Schritt zu fragen. Die Antwort der Stadträtin ist mit "hanebüchen" (H.v.Marschall) am besten beschrieben. B90 und SPD sehen darin den Versuch der CDU-Politikerin, in ihrem Feldzug gegen die Schulstrukturreform die hervorragend funktionierende Gesamtschule im MV für das Bildungsbürgertum zu retten.

Eine MA und ein DA erhitzen die Gemüter; ihr gemeinsames Thema: das Nachbarschaftszentrum Amendestr. 41 (Drs.-Nr. 1000/XVIII). Grauen-Landes- und Fraktionsvorsitzender Raeder hat am 16.11. mit hunderten Kindern und Eltern gegen eine vermeintliche Schließung des NBZ demonstriert. Jugendstadtrat Senftleben stellt klar, die Einrichtung werde nicht geschlossen, sondern - wie in der Haushaltsdebatte angekündigt - an einen Freien Träger übertragen. Sprecher aller Fraktionen nutzen die Debatte zu einer Generalabrechnung mit dem Politikstil der Grauen, "mit Lug und Trug" Ängste zu schüren, um daraus politisches Kapital zu schlagen. Im Jugendhilfeausschuss wird die Diskussion fortgesetzt.

Die BVV stimmt dem Bebauungsplan XX-288 (Beschluss des BA vom 30.11.2007) "für die Grundstücke Karolinenstraße 18, 19 und 21 sowie für die Tegeler Hafeninsel, am Tegeler Hafen 6a" zu. Der Bezirk holt damit planungsrechtlich die Entwicklungen von zwei Jahrzehnten um das "einzigartige Filetstück" in Tegel (Brockhausen) nach. Die Fraktion B90/Grüne stimmt gegen den Plan, da er den "Kardinalfehler des BA" - den Verkauf der Insel über den Liegenschaftsfonds - und den dadurch entstandenen Verlust für die Bürger nicht wiedergutmachen könne. Baustadtrat Lambert (CDU) verteidigt den Verkauf an einen "attraktiven Investor". Er zeigt sich vorsichtig optimistisch, dass die seit Dezember 2008 "ob nun durch die Wirtschafts- oder Finanzkrise oder andere ... Faktoren" ruhende Bautätigkeit Mitte Dezember 2009 wieder aufgenommen werden könne. (mehr zum Thema)

Was sonst noch passierte?

Dirk Steffel (CDU) nutzt die BVV-Sitzung wie immer zu einer ausführlichen Zeitungsschau. Frau Sollfrank (CDU) liest die Anzeigenblätter - und klatscht am lautesten (natürlich nur wenn CDU-Verordnete reden). Herr Dr. Donoso Mantke (SPD) präsentiert sich mit einer neuen Errungenschaft: mit Bart. Herr Pohl ist lernfähig bei der Konsensliste und hat, man nimmt es ihm ab, als eines von elf Kindern viel Ahnung vom Entbindungswesen. Frau Borsky-Tausch (SPD) zählt 35 Fehler in einem Flugblatt der Grauen. Herr Raeder findet eine Erklärung dafür: Er sei in die Schule gegangen, als die SPD die Bildungssenatorin stellte. Frau Schultze-Berndt hat sich am bundesweiten Vorlesetag mit Geschichten zum Mauerfall - und mit Märchen beteiligt.

Der Höhepunkt: CDU-Fraktionsvorsitzender Schultze-Berndt liest "Wir in Reinickendorf" - und schweigt viereinhalb Stunden

Um 21:50 Uhr beendet BVV-Vorsteher Pohl die Sitzung.

Friedrich Wilhelm