Erziehung zu Toleranz

In ihrer Antwort auf eine Einwohnerfrage von Michael Rohr in der 20. Sitzung der BVV am 11. Juni 2008 bekannten sich Bezirksamt und Fraktionen zu der Aufgabe, zur Erziehung zu Toleranz gegenüber allen Lebensformen beizutragen und eine Diskriminierung von Lesben und Schwulen in der Gesellschaft nicht hinzunehmen.

Das Mitglied des Bezirksvorstandes der Reinickendorfer LINKEN hatte unter Hinweis auf den 30. Christopher Street Day (CSD) am 28. Juni in Berlin angeregt, Leiterinnen und Leiter der Jugendeinrichtungen und Schulen sollten die Kinder und Jugendlichen über die Geschichte und das Anliegen des CSD aufklären. Ein solcher Schritt wurde nach der Entscheidung der Bezirksaufsichtsbehörde, gemäß einem BVV-Beschluss die Regenbogenfahne auch vor dem Reinickendorfer Rathaus zu hissen, als besonders notwendig erachtet. BVV-Vorsteher Pohl hatte zu Beginn der Sitzung ein entsprechendes Schreiben der Senatsinnenverwaltung vorgelesen.

F.W.


Brief der Senatsverwaltung für Inneres und Sport

an die  Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf von Berlin
und
an das Bezirksamt Reinickendorf von Berlin,
Frau Bezirksbürgermeisterin Wanjura

Beanstandung des BVV-Beschlusses Drs. 0440/XVIII vom 13.2.2008

Reinickendorf zeigt Flagge – Regenbogenfahne wird ab 2008 gehisst!“

Antrag der BVV Reinickendorf von Berlin auf Entscheidung der Aufsichtsbehörde vom 1.4.2008

Zu dem o.g. Antrag ergeht nach Anhörung beider Seiten folgende Entscheidung:

Die Beanstandung des BVV-Beschlusses Drs. 0440/XVIII wird aufgehoben.

Begründung:

Bei dem BVV-Beschluss Drs. 0440/XVIII handelt es sich um einen zulässigen und rechtmäßigen Ersetzungsbeschluss nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BezVG. Die Bezirksverordnetenversammlung hatte bereits mit Beschluss vom 13.6.2007 (Drs. 0208/XVIII) das Bezirksamt nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BezVG ersucht, jährlich in der Woche vor dem Christopher-Street-Day die Regenbogenfahne am Fahnenmast vor dem Reinickendorfer Rathaus zu hissen. Das Bezirksamt hat diesem angeregten Verwaltungshandeln nicht entsprochen.

Die Bezirksverordnetenversammlung konnte daher nach § 12 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. BezVG die ablehnende Entscheidung des Bezirksamtes vom 23.10.2007 aufheben und selbst entscheiden. Die Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3 BezVG sind nicht einschlägig.

Das Hissen einer nicht hoheitlichen Fahne – um eine solche handelt es sich bei der Regenbogenfahne – ist auch keine Angelegenheit, die in den Bereich exklusiver Zuständigkeit des Bezirksamtes fällt.
Mit § 5 Beflaggungsverordnung wird die ausschließliche Entscheidungskompetenz zur Vornahme einer nicht hoheitlichen Beflaggung nicht dem Bezirksamt zugewiesen. Bei besonderen Anlässen im Sinne des § 5 Satz 1 Beflaggungsverordnung – um einen solchen handelt es sich beim Christopher-Street-Day – erfolgt die Beflaggung mit Zustimmung der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung; von Seiten des Bezirks ist lediglich ein entsprechender Antrag erforderlich. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch bei bezirklichen Anlässen im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift lediglich die Zustimmung des Bezirksamtes für das Setzen nicht hoheitlicher Flaggen vorgesehen ist. Die Initiative hierfür kann vom Bezirksamt ausgehen; den Antrag kann darüber hinaus aber jedermann stellen, auch die Bezirksverordnetenversammlung.

§ 5 Beflaggungsverordnung regelt somit die Zuständigkeitsverteilung zwischen Senat und Bezirken, je nach Anlass. Die Vorschrift stellt aber keine Regelung zur grundsätzlichen Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den bezirklichen Organen Bezirksverordnetenversammlung und Bezirksamt dar. Das Selbstentscheidungsrecht der BVV nach § 12 Abs.3 Satz 1 wird durch sie nicht blockiert.

Die Zustimmung zum Setzen der Regenbogenfahne in der Woche vor dem Christopher-Street-Day (21. bis 28. Juni 2008) am Fahnenmast vor dem Reinickendorfer Rathaus gemäß § 5 Abs. 1 Beflaggungsverordnung ist hiermit erteilt.

In Vertretung

Ulrich Freise