BVV-Splitter

22. Sitzung - 2. Teil

Die BVV musste erneut nachsitzen. „Die Sondersitzung zwecks Fortsetzung der Tagesordnung“ - so vom BVV-Vorsteher eröffnet – schaffte ihre Arbeit gerade so.

Behandelt wurden fünf Große Anfragen. Die CDU zog ihre GA „Borsighafenin Tegel eine Erfolgsgeschichte – Arbeitsplätze für viele Reinickendorfer Arbeitnehmer“(Drs.-Nr.: 0620/XVIII) überraschend zurück. Der Grund: Bürgermeisterin Wanjura war gerade nicht im BVV-Saal. Als sie drei Minuten später herein schritt, war der nächste TOP bereits in vollem Gange. Dabei war die Reihenfolge in der Beantwortung der GA extra geändert worden, um Frau Wanjura die Gelegenheit zu ihrem Erfolgsbericht zu geben. Peinlich, peinlich!

Im Einzelnen:

Bezirksstadtrat Ruschin (CDU) nutzte die GA seiner Fraktion „Ordnungsamt: Immer mehr Aufgaben – und kein ausreichendes Personal“ (Drs.-Nr.: 0622/XVIII) zu traditionellen Angriffen gegen den Senat, ohne eigene Überlegungen anzubieten, wie der komplizierten Situation z.B. durch Personalumschichtungen im BA begegnet werden könne. Nach den Worten von SPD-Fraktionsvorsitzenden Braun produziere die CDU nichts als heiße Luft, nein, eher schwarzen Dampf auf der Bühne des Kleinkunsttheaters BVV vor leerem Zuschauersaal; am besten könne sie eben Fraktionsvorsitzende köpfen.

Die Debatte um die GA zur Absage der Fotoausstellung über schwulenfeindliche Gewalt (Drs.-Nr.: 0616/XVIII) durch das Anti-Gewalt-Projekt MANEO, „nachdem die bezirkliche Kulturverwaltung keine öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen wollte“ (SPD-Antrag), zeigte erneut das vorgestrige Menschenbild der Reinickendorfer CDU. Geradezu entlarvend ist der Versuch der CDU-Mehrheit im BA, eine Zuständigkeit des Gesundheitsstadtrates für die fachliche Begleitung einer Ausstellung zu Fragen der Homophobie zu beschließen. Was sich mit dem Antrag der CDU fortsetzte, das Thema außer im Kulturausschuss ebenso im Gesundheitsausschuss weiter zu erörtern. Übrigens dürfte in der Logik des CDU-Fraktionsvorsitzenden, Kinderschutz durch schockierende Fotos nicht mit Füßen treten zu wollen, nach dem von ihm selbst gewählten Vergleich eine KZ-Gedenkstätte wie Sachsenhausen nicht öffentlich zugänglich sein. Wegen der schockierenden Wirkung. Ja, die Vergleiche!

Schulstadträtin Schultze-Berndt (CDU) verwechselte die BVV mit einem wissenschaftlichen Seminar und interpretierte eine Studie des Bildungsforschers Prof. Lehmann so, dass sie der Forderung der CDU „Mehr grundständige Gymnasien in Reinickendorf“(Drs.-Nr.: 0621/XVIII) Genüge tat. Alles völlig unideologisch, natürlich.

Wie ist der aktuelle Stand des Umzugskonzeptes?“ fragte die SPD (Drs.-Nr.: 0618/XVIII). Zur Erinnerung: Um Mittel einzusparen, hatte die BVV im Haushaltsplan 2008/2009 die Aufgabe von nicht mehr benötigten Gebäuden und Räumen beschlossen. Das BA hatte dazu im November 2007 ein Umzugskonzept vorgelegt, das die Konzentration des BA auf zwei Standorte (Rathaus, Teichstraße/Lübbener Weg) vorsah. So wurde verfahren – mit einer Ausnahme: Der Bereich Kultur und Bildung packte (symbolisch) die Umzugskisten wieder aus und soll nun doch im Tegel-Center bleiben. Frau Schultze-Berndt entwickelte dazu die Vision eines Bildungs- und Beratungszentrums, genannt „Humboldt-Haus“, mit Besucherströmen von jährlich 150 Tausend Benutzern, mit „Luncheon-Konzerten“ und „Parken und Einkaufen“. Baustadtrat Balzer (CDU) verhandelte mit dem Besitzer über niedrigere Mieten. Mehrkosten (oder besser: nicht wirksam werdende Einsparungen) des Alleinganges alles in allem: 59 000 Euro. „Locker zu erbringen“, verteidigte die Kulturstadträtin ihren lockeren Umgang mit Haushaltsmitteln, sprich: Steuergeldern. Kein Wunder, dass die anderen Fraktionen sich „an der Nase geführt“ vorkamen, zumal bekannt wurde, dass die Pläne von Frau Schultze-Berndt bereits das Datum vom 11.3. trugen, aber erst am 1.9.2008 im Haushaltsausschuss beraten wurden. „Phantasielosigkeit“ wetterte die CDU, „Pharisäertum“ entgegnete die SPD.

Wie gewohnt sachlich-souverän half Sozialstadtrat Höhne (SPD) der CDU in seiner Antwort auf deren GA „Sonderbericht der Bundesagentur für Arbeit - „Grundsicherung in Deutschland“(Drs.-Nr.: 0623/XVIII) beim Lesen von Statistiken.

Kurz vor Sitzungsende kam Frau Wanjura doch noch zu Wort. In einer persönlichen Erklärung schleuderte sie der linken Seite der BVV genussvoll entgegen: „Außer Spesen nichts gewesen! Ich bin ihre Bürgermeisterin!“ Zuvor hatte sie den Bericht des Berliner Verwaltungsgerichtes über den Vergleich mit dem „Land Berlin“ verlesen, der sie in ihren Rechten bestätigte. Die CDU-Fraktion dankte ihr mit einer minutenlangen Ovation. Wofür eigentlich?

Friedrich Wilhelm