BVV-Report
XVIII / 43. Sitzung
Der 30.6. war fußballfrei. Dennoch blieb der Stuhl von Bezirksbürgermeister Balzer (er ist auch Sportdezernent) lange Zeit leer. Wie zu vernehmen war, diente er seiner Partei als „Reservist“ in der Bundesversammlung zur Wahl des neuen Bundespräsidenten. Er wurde offenbar nicht gebraucht und erschien gegen 19:00 Uhr ganz gefasst (beeindruckt von den Vorgängen in seiner Mannschaft?) im Saal. Als BVV-Vorsteher Pohl (CDU) gegen 21:00 Uhr (vor der Verkündigung in der Bundesversammlung!) über die Wahl von Wulff „als unser aller Präsident“ informierte, gab es verhaltenen Beifall aus allen Fraktionen und im Publikum.
Angesichts der Hitze hatte der BVV-Vorsteher „Marsch-Erleichterung“ verfügt: die Herren durften sich ihrer Jackets und Binder, sofern noch vorhanden, entledigen, die Damen dessen, „was sie wollen“. Öffentliche Gelage (mit Wasserflaschen) wolle er aber nicht gestatten.
Einwohnerfragen und mündliche Anfragen
Einwohnerfragen stellten Barbara Odebrecht, Mitglied des BV der Reinickendorfer LINKEN, und Dr. Duus, Sprecher der BI Alemannenstraße.
Die Sanierung des Frohnauer „Pilzes“ und die Zuweisungen an die Reinickendorfer Gymnasien gehörten zu fünf mündlichen Anfragen der Bezirksverordneten.
Große Anfragen
Bezirksstadtrat Höhne (SPD) beantwortete eine Große Anfrage der CDU über die „Situation im Maßregelvollzug“ (Drs.-Nr.: 1159/XVIII). Mit konkreten Zahlen wies er nach, dass es keine Überbelegung über die vom Abgeordnetenhaus mit Zustimmung der CDU beschlossene Zahl von 362 plus 60 Planbetten hinaus im Krankenhaus für den Maßregelvollzug (KMV)gebe und für die Reinickendorfer Bürger kein Anlass für Besorgnis bestehe. Die Sprecher der CDU wollten dennoch „gehört haben“, „vermuteten“ , „ihnen sei zugetragen worden“... unseriös und zu wenig, um ihre These von einer „tickende Zeitbombe“ halbwegs zu begründen. Im Gesundheitsausschuss wird das Lieblingsthema aus Wanjuras Zeiten weiter debattiert.
Sanierung der Alemannenstraße in Frohnau
„Nun wird’s interessant“, kündigte BVV-Vorsteher Pohl die Behandlung von sechs Drucksachen – alle mit der Sanierung der Alemannenstraße in Frohnau verbunden – im Paket an.
Die Ergebnisse vornweg:
In namentlicher Abstimmung beschloss die BVV die „Erneuerung und Verbesserung der Alemannenstraße zwischen Maximiliankorso und Neubrücker Straße“ (Drs.-Nr.: 1041/XVIII).
Für den Ausbau sprachen sich 27 von 53 anwesenden Bezirksverordneten aus. „Wir haben 26; Herr Braun hat bei uns mitgestimmt“, konstatierte der Vorsteher beim Auszählen der Stimmen.(ganz unparteiisch). Die Fraktion von B90/Grüne hatte die Abstimmung „freigegeben“. Zwei Grüne stimmten mit der SPD, der FDP und zwei Einzelverordneten gegen die Vorlage des Bezirksamtes, die anderen beiden enthielten sich. Mit unterschiedlichen Mehrheiten wurden die Ersuchen der SPD „Ausbau Alemannenstraße“ (Drs.-Nr.: 1047/XVIII) und „Frost- und Winterschäden nachhaltig beseitigen - Bürgerdialog zum Straßenausbau sorgfältig weiterführen“ (Drs.-Nr.. 1107/XVIII) sowie das Ersuchen der FDP „Ausbau Alemannenstraße in Frohnau“ (Drs.-Nr.. 1028/XVIII) abgelehnt. Das Ersuchen von B90/Grüne „Straßenentwässerung Frohnau: umweltgerecht und mit den Bürgerinnen und Bürgern“ (Drs.-Nr.:1208/XVIII) wurde einstimmig angenommen. Schließlich fand die CDU mit ihrem Antrag „Ablehnung des Straßenausbaubeitragsgesetzes“ (Drs.-Nr.: 1210/XVIII) eine Mehrheit (als ob die BVV Reinickendorf neuerdings Gesetzesvollmachten für das Land Berlin innehabe).
In einer emotionsgeladenen Debatte verteidigte Baustadtrat Lambert (CDU) das im Investitionsplan von der BVV beschlossene Sanierungsprojekt. Er habe – wie im Straßenausbaubeitragsgesetz (StrABG) vorgeschrieben - die Diskussion mit den betroffenen Bürgern geführt, sie seit Oktober 2009 mehrfach eingeladen und ihre Vorschläge sehr ernst genommen. Das Ergebnis seien eine 20%ige Kostenreduzierung, die Entsiegelung von Flächen (Gehweg nur 1,5 m, Straßenbreite 5,5 m); es bleibe bei einer dezentralen Regenentwässerung. Nun müsse gehandelt werden. Seine sachlichen Darlegungen entwertete er – rückfallend in den traditionellen CDU-Stil - mit groben Ausfällen gegen die betroffenen, z.T. im Publikum anwesenden Anwohner der Alemannenstraße und gegen die Fraktionen von FDP und SPD. Diese verwahrten sich gegen die Beschuldigungen, hielten angesichts einer Reihe wichtiger offener Fragen die Vorlage des BA nicht für entscheidungsreif. Wenn die CDU – so der baupolitische Sprecher der SPD-Fraktion - gegen das StrABG sei, weil ihr Interessen der Einwohner so wichtig seien, könnte sie die Sanierung doch verschieben. Sascha Braun hielt das Argument für untauglich. Die Grünen-Fraktion war gespalten. Ihr Kreisvorstand hatte am Vorabend in einer Erklärung Glaubwürdigkeit angemahnt und davor gewarnt, „bereits eine Enthaltung der grünen Fraktion könnte die Mehrheit für die Beschlussvorlage des CDU-geführten Bezirksamtes bedeuten“. Wie sich zeigte, war die Zustimmung des früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden ausschlaggebend.
Vorlagen des BA und Ersuchen
Eine Vorlage des BA „Abgabe der bezirklichen Einrichtung 'Hansa-Haus' in Kühlungsborn zum Zwecke des Verkaufs“ (Drs.-Nr.: 1214/XVIII) wurde in den Haushalts- und den Jugendhilfeausschuss überwiesen.
Das Ersuchen der SPD „Migrationsbeauftragte/Migrationsbeauftragter auch für Reinickendorf“ (Drs.-Nr.:1194/XVIII) wurde aus Zeitgründen vertagt.
Friedrich Wilhelm