BVV-Report

XVIII / 50. Sitzung

Die Berliner Wahlen finden zwar erst am 18.9. statt. Manche Debatten in der BVV sind aber bereits vom Wahlkampf geprägt. Es kann wohl kaum am Aschermittwoch gelegen haben?

Das Wichtigste zuerst:

Nach jahrelanger Verweigerung durch die CDU beschließt die BVV mit den Stimmen von SPD, B90/Grünen und FDP sowie der vier Einzelverordneten, beim Bezirksbürgermeister einen Integrationsbeauftragten anzusiedeln. Abgelehnt wird der Antrag von B90, der seit 2008 „vor sich hin schimmelte“ (Petters), einen Ausschuss für Migration einzurichten. CDU-Fraktionschef Schultze-Berndt kritisiert das Partizipations- und Integrationsgesetz erneut als „völlig unnütz“. Er entdeckt „etwas Gemeinsames von CDU und LINKEN in Reinickendorf“: mit Herrn Dogan und Frau Demirbüken-Wegner hätten sie Menschen mit Migrationshintergrund an der Spitze (na, na). Integration sei Chefsache, da werde ein Extra-Integrationsbeauftragter nicht gebraucht.


Bezugnehmend auf einen Bericht in der „Berliner Morgenpost“ vom 24.2., erkundigt sich Yusuf Dogan in seiner traditionellen Einwohnerfrage, ob „ Bezirksstadträtin Schultze-Berndt den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus oder den Spitzenkandidaten der Berliner CDU bei seinem kürzlichen Besuch in Reinickendorfer Schulen begleitet“ habe. Ihre Antwort, sie habe beide gern begleitet, zeigt, dass ihr offenbar nicht ausreichend bewusst ist, dass sie ihre Bezirksamtsfunktion im vorgezogenen Wahlkampf für die Position ihrer Partei missbraucht. Heiner v. Marschall (B90/Grüne) macht später in der Debatte in gleicher Weise darauf aufmerksam, dass eine Vorlage zur Kenntnisnahme des Bezirksamtes (BA), also ein Papier von Amtswegen, kein flyer der CDU sei, versehen lediglich mit einem Briefkopf der Bezirksstadträtin.

Das BA beantwortet sechs Mündliche Anfragen. Die Verordneten erfahren u. a., dass

  • die Bürgerbeteiligung zur bezirklichen Investitionsplanung mit z. Z. 23 Anregungen besser als in den Vorjahren aussehe;

  • Versorgungsengpässe bei Kitaplätzen im Märkischen Viertel und Frohnau möglich seien;

  • der Neubau an der Georg-Herwegh-Oberschule den Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung stehe, „wenn die Baumaßnahmen abgeschlossen sind“(genial!), wobei BA-Mitglieder unterschiedliche Angaben machen, wann das denn sein könnte.

CDU-Fraktionschef Schultze-Berndt verlässt - für den Beobachter erstmalsin vier Jahren- seinen Grundsatz (?) und schaltet sich zugunsten der Schulstadträtin Schultze-Berndt ein. Er unterstellt Heiner v. Marschall, jener hätte die MitarbeiterInnen im Schulamt als „arbeitsloses Gesindel“ bezeichnet, was dieser als „verhetzende Verdrehung“ und „unglaublichen Politikstil“ zurückweist. Er hatte nur nachgefragt, wieso eine Vorlage des Bezirksamtes zur Kenntnisnahme im Unterschied zur üblichen Praxis des BA bereits nach einer Woche vorlag.


Um undichte Fenster und Türen und Schulkinder, die im Durchzug sitzen, aber auch um Fenster, die sich nach der Sanierung nicht mehr öffnen lassen, geht es u.a. in der Großen Anfrage (GA) von B90 „Nachhaltige Schulgebäudesanierung?“(Drs.-Nr.: 1368/XVIII). Baustadtrat Lambert (CDU) lobt „die kluge Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik von Frau Dr. Merkel“, sieht einen Sanierungsstau für Schulen von 60 Mio. Euro in Reinickendorf und möchte „unter anderen politischen Konstellationen in Berlin“ einen neuen Anlauf über ppp (public private partnership) wagen. SPD und B90 äußern sich dazu skeptisch. Der Antrag, das Bezirksamt solle bis zum 30.6.2011 „einen langfristigen Sanierungsplan für die bezirkseigenen Immobilien, insbesondere die Schulgebäude“ erstellen und der BVV vorlegen (Drs.-Nr.: 1415/XVIII), wird an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.


Stadtrat Lambert beantwortet die GA der CDU „Schneeräumung in Reinickendorf“ (Drs.-Nr.:1374/XVIII). Die überraschende fristlose Kündigung durch das vom Senat beauftragte Winterdienstunternehmen hatte zu enormen Schwierigkeiten im Bezirk geführt. Die Schlussfolgerung des BA, die Schnee- und Eisbeseitigung künftig in Eigenregie in mehreren Losen auszuschreiben, wird von der BVV einstimmig begrüßt (Drs.-Nr.: 1416/XVIII). CDU und FDP attackieren die „überstürzte Annahme“ des Straßenreinigungsgesetzes (übrigens einen Tag vor dem ersten Schneefall im November 2010), das weg müsse, und maßen sich - als selbst ernannte Hohe Richter der Politik? – an, dem Senat eine Missbilligung auzusprechen. Stefan Schmidt (CDU) entdeckt eine „Anti-Reinickendorf-Politik“ des Senats, weil Reinickendorf zeige, wie es in Berlin besser gemacht werden könne (uff!)


Den aktuellen Planungsstand der Nachnutzung von TXL (GA der CDU, Drs.-Nr.:1397/XVIII) bilanziert Stadtrat Lambert sachlich: „Es ist gelungen, einen stadtweiten Konsens zu schaffen ... Die Richtung stimmt, das Tempo ist richtig“. Die Auslegung des Flächennutzungsplanes (FNP) und des Landschaftsprogrammes sei abgeschlossen. Bis zur Sommerpause müssten Senat und Abgeordnetenhaus den FNP beschließen. Dann folge die Bauleitplanung durch den Senat. Nun dürfe die Dynamik nicht verloren gehen. Zu den schnell zu lösenden Fragen gehöre die Bildung einer Trägergesellschaft/Entwicklungs-Vermarktungsgesellschaft. Für FDP-Fraktionschef Vetter dagegen ist immer noch unklar, „wohin die Reise geht“ (bitte, aufwachen!). Torsten Hauschild (B90/Grüne) gibt unter Hinweis auf den Technologiepark Adlershof zu bedenken, dass auch die Nachnutzung von TXL ein langer Prozess werde.

In den Umweltausschuss überwiesen wird der Dringlichkeitsantrag von B90/Grüne, das Bezirksamt solle „berichten, ob neben den Entlastungen durch die Schließung des Flughafens Tegel durch die neuen Anflugrouten für den Flughafen BBI auch Belastungen auf den Bezirk zukommen“ (Drs.-Nr.: 1414XVIII).

Friedrich Wilhelm