BVV-Report

XVIII / 38. Sitzung

Die Februar-Sitzung unseres Bezirksparlamentes gestaltete sich als Lambert-Festspiele sui generis. Der Bezirksstadtrat für Wirtschaft und Bauen, seit Oktober 2009 im Amt, bestritt zwei Große Anfragen, sechs Mündliche Anfragen und eine Einwohnerfrage.

Einwohnerfragen:

Durch Mitglieder der LINKEN wurden folgende Fragengestellt:

- Andreas Odebrecht fragte nach der Zukunft der Cité Pasteur im Rahmen einer Nachnutzung des Flughafens Tegel. Besonders interessierte ihn, ob und dass wie auch immer geartete Entscheidungen nicht über die Köpfe der dort wohnenden Bürgerinnen und Bürger hinweg getroffen werden. Bezirksstadtrat Lambert (CDU) antwortete, die Zukunft der Wohnsiedlung hänge von der konkret angestrebten Nachnutzung ab. Es werde nichts übers Knie gebrochen. Er gehe auch davon aus, das die Mieterinnen und Mieter frühzeitig in die Planung einbezogen würden.

- Michael Rohr erkundigte sich nach dem Inhalt der „Berliner Erklärung“derzwölf Berliner Bezirksbürgermeister vom 18.1.2010. Ohne auf Details einzugehen, informierte Bezirksbürgermeister Balzer (CDU), dass die Bürgermeister im Rahmen einer Fachtagung sich auf eine gemeinsame Strategie gegen rechtsextreme Parteien geeinigt hätten.

Mündliche Anfragen:

Im Rahmen der in der BVV-Geschäftsordnung vorgesehenen Stunde schaffte das Bezirksamt (BA), zehn MA zu beantworten; zwei MA werden schriftlich beantwortet.

Im Zentrum des Interesses der Bezirksverordneten standen die Folgen des Winters. Lt. Baustadtrat Lambert seien bislang 12 Tausend Aufbruchstellen auf den Straßen mit Kaltasphalt provisorisch gefüllt worden, um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen. Die im Bezirkshaushalt für den Straßenbau vorgesehenen Mittel würden nicht reichen. Die CDU forderte daher das BA in einem Dringlichkeitsantrag auf, sich beim Senat dafür einzusetzen, den Bezirken ein Haushalts-Sonderprogramm „Winter 2009/2010“ zur Verfügung zu stellen (Drs.-Nr.: 1081/XVIII). Über eine Mio. zusätzlich würde Lambert sich freuen.

Der Baustadtrat informierte, er habe in diesen Tagen einen Vertrag mit der Stern und Kreisschifffahrt unterschrieben, so dass es im Frühsommer “erste Anlegungen” am Flusskreuzfahrtanleger an der Greenwich-Promenade geben werde.

Ob der Mindestlohn beim Wachschutzpersonal im BA eingehalten werde, wollte H.v.Marschall (B90/Grüne) wissen. Das BA zahle den Tariflohn, also 6,25 Euro, behauptete Lambert. Tatsächlich wären es nur 3,80 Euro, hielt der Fragesteller entgegen. Vielleicht sollte das BA mal kontrollieren!

Große Anfragen:

- „Konzeptentwicklung Nachnutzung Flughafen Tegel“ (CDU, Drs.-Nr.: 1067/XVIII)

Bezirksstadtrat Lambert erläuterte die Eckpunkte des Positionspapiers des BA vom 8.12.2009, die von der Senatsverwaltung angeblich aufgegriffen worden seien. Die Aufgabe des Flughafens sei eine Herausforderung: Betroffen seien 8 Tausend Arbeitsplätze direkt, 15 Tausend indirekt. Nach dem Senatsbeschluss bleibe ein Jahr, den Flächennutzungsplan für TXL zu ändern. Lambert verwies auf Vorschläge der Senatsverwaltung, der IHK, der CDU Berlin und der SPD Reinickendorf (Vorschläge der LINKEN schien er nicht zu kennen), die „in die richtige Richtung“ gingen. Ökononomie und Ökologie müssten zusammen gedacht werden.

In der Debatte wetterten die CDU-Redner gegen „rot-rote Hirngespinste“ und den Senat, der „nicht aus den Puschen“ komme. Ihre Sicht, „wir“(Reinickendorf, die CDU...?) hätten den Senat überzeugt, endlich zu handeln, wertete SPD-Fraktionsvorsitzender Brockhausen vorsichtig als „vermessen“, an die jahrelange Blockadehaltung der CDU und des CDU-geführten BA erinnernd. Dass Teile der „Reinickendorf-Partei“ auch heute noch alten Zeiten nachtrauern, zeigte deren spontaner Beifall, als FDP-Fraktionsvorsitzender Vetter zum wiederholten Male die Schließung des Flughafens als Fehler bezeichnete.

- „Wirtschaftsförderung. Bestandsaufnahme - und wie weiter?“ (B90/Grüne, Drs.-Nr.: 1073/XVIII)

Bezirksstadtrat Lambert, der bei der Umbildung des BA das Wirtschaftsressort übernommen hatte, gab einen - im Vergleich zu Berichten seiner Vorgängerin - weitgehend sachlichen Überblick über die Schwerpunkte „seiner“ Wirtschaftspolitik im Bezirk. Sein Credo: Er wolle vor Ort sein, nicht Papier voll schreiben. Natürlich glaubte seine Fraktion „frischen Wind“ im BA zu entdecken (au weia, Frau W. ). Dass Reinickendorf nicht mehr „ganz oben“ steht, fiel angesichts der Erwerbslosenzahlen (Platz 9 in Berlin) wenigstens der FDP auf .

- „Gute-Nacht-Café für Wohnungslose in Wittenau“ (SPD, Drs.-Nr.: 1056/XVIII)

„Soll nicht geschlossen werden“, „soll doch“- Stadtrat Ruschin (CDU) und die Vorsitzende des Sozialausschusses, Frau Hiller-Ewers (SPD) beriefen sich beide auf Gespräche mit der Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises. Es sei ein Skandal, dass der Bezirk für die Obdachlosen nichts Eigenes habe, resumierte B90/Grünen-Fraktionsvorsitzende Petters.

Anträge:

Die Notwendigkeit einer sicheren Fußgängerüberführung am Zeltinger Platz in Frohnau (Drs.-Nr.: 0649/XVIII und 1049/XVIII) wird seit Jahren in der BVV und den zuständigen Ausschüssen debattiert. Für mehr Sicherheit sind natürlich alle, aber...das könnte zu „unverhältnismäßigen“ Belastungen für die Autofahrer führen, den Denkmalschutz beeinträchtigen, hohe Umbaukosten verursachen. Auf CDU-Antrag soll nun ein halbjähriger Probebetrieb laufen. Wie das gehen soll, wissen wohl nur Herr Weser und Co.(CDU)

Die BVV behandelt im März den Dringlichkeitsantrag der CDU, die BVV solle den Brandanschlag auf zwei Fahrzeuge der Firma Siemens in der Brusebergstraße verurteilen („Gegen linksextreme Gewalt in Berlin“, Drs.-Nr.: 1080/XVIII). Keine Frage. Ob die CDU in gleicher Weise den Überfall auf die Geschäftsstelle der LINKEN in Reinickendorf zum Thema eines Antrages macht?

Friedrich Wilhelm