BVV-Report

XVIII / 44. Sitzung

Die CDU-Fraktion erscheint mit gelben Schleifen am Revers. Sonst ungehalten über jegliche Art von Symbolpolitik in der BVV, halten Balzer, Schultze-Berndt und Co. es für angebracht, ihre „Solidarität mit denen im Auslandseinsatz befindlichen Bundeswehrkräften“ symbolisch zu bekunden. Der BVV-Vorsteher, aber auch die Fraktionen von SPD, B90/Grüne, FDP und die Einzelverordneten nehmen diese fragwürdige Demonstration unkommentiert hin.

Beate Orth und Yusuf Dogan von der LINKEN Reinickendorf werfen in Einwohnerfragen wichtige Themen der sozialpolitischen Entwicklung unseres Bezirkes auf: 1.die Erwerbslosenzahlen 2010 in Reinickendorf und 2. die Haltung unseres Bezirksamtes (BA) zum Senatsentwurf für ein Partizipations- und Integrationsgesetz.

In der Tagesordnung (TO) vorgezogen wird die Debatte um die „Abgabe der bezirklichen Einrichtung „Hansa-Haus“ in Kühlungsborn zum Zwecke des Verkaufs“ (Drs.-Nr.: 1214/XVIII). Das BA hält die Aufgabe der Übernachtungsstätte direkt am Ostseestrand, die in den vergangenen Jahren von Familien mit geringem Einkommen, Schulklassen, Kitagruppen, Sportvereinen genutzt wurde, angesichts der „Kostensituation und der in den nächsten Haushaltsjahren zu erwartenden Einsparvorgaben des Landes und unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung des Bezirkshaushaltes“ für „nicht mehr vermeidbar“. Die CDU lobt – in der BVV ein äußerst seltener Fall - Jugendstadtrat Senftleben (SPD) dafür, dass sich das Jugendamt der Realität stelle. Die FDP weiß es genau: Das Hansa-Haus lasse sich für den Bezirk nicht wirtschaftlich betreiben. Die SPD wendet sich gegen das alleinige „fiskalische Denken“ und fordert, vor der Übertragung an den Liegenschaftsfonds alle Alternativen zu prüfen, wie bei einem Verkauf die soziale Zweckbindung der Einrichtung erhalten werden könne.
Mit diesem Ziel war zuvor im Jugendhilfeausschuss (JHA) mit den Stimmen von SPD, Grünen und Vertretern der freien Jugendhilfe-Träger bei Enthaltung der CDU empfohlen worden, die Beschlussfassung über einen Verkauf des Hansa-Hauses in Kühlungsborn ... so lange zu vertagen (längstens bis zum 31. Oktober 2010), bis das Bezirksamt geprüft hat, ob eine Übertragung des Hauses an einen Freien Träger, einen Verein, einen Verband oder ggf. auch eine Privatperson möglich ist, wobei sich der neue Träger verpflichtet, den jetzigen Nutzungszweck weitgehend beizubehalten.“ (Drs.-Nr.: 1244/XVIII) EinFreier Träger hatte im JHA um sechs Wochen Aufschub gebeten, um einen Vorschlag vorzulegen. Nach Auffassung des BA sprächen jedoch legale Aspekte dagegen. Trauriges Fazit: Mit den Stimmen von CDU und FDP wird die Vorlage des BA bestätigt.

Baustadtrat Lambert und Schulstadträtin Schultze-Berndt (beide CDU) beantworten sechs Mündliche Anfragen der Bezirksverordneten. Was auffällt: Bei Verzögerungen von Bauarbeiten in Schulen werden die Eltern schlecht informiert. Kuriose Logik der Schulstadträtin: Natürlich trinkt unser Bezirksbürgermeister auf Schulfesten kein Bier, da das BA keine Schulfeste organisiert.

Eine Große Anfrage (GA) der CDU „Nachnutzung Flughafen Tegel“ (Drs.-Nr.: 1201/XVIII) gibt Bezirksstadtrat Lambert Gelegenheit, sich selbst auf die Schultern zu klopfen. Seine Aussagen, die Senatsverwaltung habe Reinickendorfer Ideen für die Nachnutzung übernommen, wirken auch bei oftmaliger Wiederholung nicht weniger grotesk. Die Hauptsorge von BA und BVV: Reinickendorfer Interessen könnten „bei der zukünftigen Anbindung des Flughafenareals Tegel“ auf der Strecke bleiben. Einer Diskussion, sich über ebendiese Reinickerdorfer Interessen zu verständigen, verweigert sich eine BVV-Mehrheit, indem sie die Vorschläge der SPD „Reinickendorfer Nachnutzungskonzept für den Flughafen Tegel“ (Drs.-Nr.: 1102/XVIII) vom Tisch wischt. Mehr als peinlich für das BA ist dessen Vorlage zur Kenntnisnahme „Perspektiven für Reinickendorf ohne den Flughafen Tegel“ (Drs.-Nr.:0235/XVIII), die den BVV-Beschluss vom 13.6.2007 (2007!) komplett ignoriert. Ein Antrag von B90/Grünen, der diese Praxis des BA missbilligt, scheitert erwartungsgemäß an der CDU-/FDP-Mehrheit. (Warum haben die Grünen eigentlich diese dreijährige Verzögerung geduldet ?)

Die GA von B90/Grünen „Jugendfreizeiteinrichtung – Fit für die Zukunft“ (Drs.-Nr.:1204/XVIII) regt einen Gedankenaustausch über deren Zukunft an, der im JHA und im Schulausschuss fortgesetzt werden soll.

Mit einer sinnlosen Diskussion über ihr Ersuchen „Bouleplatz Greenwichpromenade“ (Drs.-Nr.: 1024/XVIII) nimmt sich die SPD die Möglichkeit, politisch wichtige Anträge in der für die Sitzung zur Verfügung stehenden Zeit zu behandeln. Die gesamte TO der 44. Sitzung wird vertagt.

Friedrich Wilhelm