BVV-Report

XVIII / 39. Sitzung

BVV-Vorsteher Pohl (CDU) verkündete zu Beginn eine veränderte Sitzordnung. Die Fraktion der Grauen-Generationspartei hat sich nach dem Übertritt des bisherigen Parteivorsitzenden und Bezirksverordneten M. Schulz zur Piratenpartei zum 1.3.2010 aufgelöst. Die einstigen Fraktionsmitglieder agieren nunmehr als fraktionslose Einzelverordnete.

Einwohnerfragen:

Sorgen der Mieter der Cité Pasteur nach der Zukunft ihrer Siedlung im Gefolge der Schließung des Flughafens Tegel – ausgedrückt in mehreren Fragen von Frau Lemke und Frau Komaretzky - versuchte Baustadtrat Lambert (CDU) zu beschwichtigen. Unter Berufung auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Eigentümer versicherte er, mittelfristig, d. h. ein Jahrzehnt und mehr werde es keine Kündigung der Wohnungen und keine Umsiedelung der Mieter geben.

Beate Orth, Mitglied der LINKEN Reinickendorf, erkundigte sich, ob das JobCenter Reinickendorf prüfe , ob Arbeitnehmer zu Leistungsempfängern nach SGB II werden, weil die Arbeitgeber sittenwidrige Löhne zahlen? In seiner Antwort verwies Sozialstadtrat Höhne (SPD) auf eine Presseinformation der Bundesagentur für Arbeit vom 3.3.2010, wonach „die JobCenter in jedem Fall angehalten (sind) zu prüfen, ob Lohnwucher vorliegt, wenn pro Stunde drei Euro oder weniger gezahlt werden. Werden sittenwidrige Löhne gezahlt, fordern die Jobcenter entgangene beziehungsweise verauslagte Lohnansprüche vom Arbeitgeber zurück“.

Unter Hinweis auf die Geschäftsordnung der BVV rügte BVV-Vorsteher Pohl freundlich einige Besucher, die bei der Frage von Beate Orth applaudiert hatten.

Mündliche Anfragen:

Bürgermeister Balzer bat um Nachsicht, dass der Beschluss der BVV vom Oktober 2008 (2008) bzgl. Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung noch nicht umgesetzt sei; er sei noch kein Jahr im Amt.

Ein abgestelltes, angekettetes Fahrrad an der Gedenktafel für die antifaschistische Widerstandsgruppe „Mannhart“ in der Schubartstraße verleitete Bezirksstadtrat Ruschin (CDU) zu längeren rechtlichen Darlegungen. § 959 BGB (Eigentumsaufgabe) biete keine ausreichende Eingreifgrundlage für das Bezirksamt (BA). Heiner v. Marschall (B90) konstatierte, das Eigentumsrecht an einem schrottreifen Fahrrad habe also Vorrang vor dem Denkmalschutz. Ungeklärt bleibt dieFrage nach einer offiziellen Denkmalliste in Reinickendorf. Übrigens, das Fahrrad wurde inzwischen abgeholt. (Hintergrund)

Weitere Fragen betrafen u.a. den Schaden infolge eines Betrugsfalles im Bauamt und die Eintreffzeiten von Polizei und Feuerwehr nach einem schweren Verkehrsunfall am Hermsdorfer Damm.

Große Anfrage:

Straßenschäden: Schließt der Senat die Schlaglöcher wieder, die er hat entstehen lassen?” (Drs.-Nr.: 1091/XVIII).

Wie von der CDU gefragt, so antwortete Baustadtrat Lambert: Das BA tue, was es könne. Positiv sei, dass der Bezirk 1,35 Mio. Euro zusätzlich aus dem Senatsprogramm für die Beseitigung der Straßenschäden erhalte. Natürlich sei das viel zu wenig, um das Ausstattungsdefizit des Bezirkes im Bereich der Straßenunterhaltung auszugleichen, das er mit 40-60 Mill. Euro bezifferte. “Woher soll das Geld kommen?” fragte der neue baupolitische Sprecher der SPD Collé, wo doch die Kommunen durch Schwarz-Gelb noch weniger an Finanzmitteln erhielten.

Der CDU-Antrag “Haushalts-Sonderprogramm Winter 2009/2010” (Drs.-Nr.:1081/XVIII) und ein Änderungsantrag der SPD (Drs.-Nr.: 1104/XVIII) wurden zur weiteren Beratung in die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Abgelehnt wurde die Empfehlung der CDU “Salzgebrauch auf Gehwegen ermöglichen” (Drs.-Nr.. 1082/XVIII).

Anträge:

Einstimmig verurteilte die BVV einen “Brandanschlag auf zwei Fahrzeuge der Firma Siemens in der Brusebergstraße, zu dem sich eine linksextreme Gruppe bekannt hat” (“Gegen linksextreme Gewalt in Berlin”, Drs.-Nr.: 1080/XVIII). Frau Petters, Fraktionsvorsitzende von B90/Grüne, konterte die traditionelle undifferenzierte Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus durch die CDU mit längeren Zitaten aus dem Verfassungsschutzbericht 2008. Keiner Fraktion jedoch war der erneute Anschlag gegen das Büro der LINKEN in Reinickendorf am gleichen Tage eine Verurteilung wert.

Keine Mehrheit fand der CDU-Antrag “Einsatz von ‘jugendlichen Testkäuferinnen und Testkäufern’ in Reinickendorf” (Drs.-Nr.: 0906/XVIII). Zurückgewiesen wurde die unverschämte Unterstellung des “hochverehrten Herrn KollegenWeser (Schmidt, FDP), die anderen Parteien würden mit ihrer “Ablehnung der Verleitung zu rechtswidrigen Handlungen” (Braun, SPD) indirekt den Alkoholmissbrauch von Kindern und Jugendlichen fördern.

Ebenfalls gegen die Stimmen der CDU setzte sich die BVV für die Ausweitung derTempo-30-Zone um ca. 30 m vor der Fürst-Donnersmark-Stiftung in der Zeltingerstraße ein (Drs.-Nr.: 1026/XVIII) – eine Entscheidung im Interesse der Behinderten, die vom CDU-Fraktionsvorsitzenden Schultze-Berndt als “pädagogischer Quatsch” diskreditiert wurde.

Der Dringlichkeitsantrag der SPD „Reinickendorfer Nachnutzungskonzept für den Flughafen Tegel“ (Drs.-Nr.: 1102/XVIII) wurde federführend an den Wirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Verkehrsausschuss und den Ausschuss für Bauwesen und Stadtplanung überwiesen.

Per Konsensliste hat die BVV den Antrag der SPD „65. Jahrestag Kriegsende“ (Drs.-Nr.: 1085/XVIII) an den Haushaltsausschuss überwiesen. In dem Antrag wird das BA ersucht, „den 65. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 2010 durch geeignete Veranstaltungen in Reinickendorf zu würdigen“. Da der Ausschuss erst am 19.4., d. h. nach der April-Sitzung der BVV tagt, kann kein Beschluss mehr vor dem 8. Mai 2010 gefasst werden.

Friedrich Wilhelm